Dafür, dass das hier anders war, gibt es im Urteil keinerlei Anhaltspunkte. Diesen Nachweis zu erbringen, wird dem A kaum gelingen. Wenn der Hund sich weit von seinem „Herrchen oder Frauchen“ entfernt und anfängt eigenständig zu werden oder sogar Wild zu suchen, hat man dann schnell die Schwelle zum wildernden Hund erreicht, sodass dann auch ein Unterlassungsanspruch gegen den Halter des Hundes bestünde. Solange der Hund aber nicht nachweislich wildert, sehe ich ein erhebliches Risiko nachzuweisen, dass von dem Hund tatsächlich eine Beeinträchtigung ausgeht, und würde von einem Prozess eher abraten.

Dazu führt auch folgende Kontrollüberlegung:

Wenn man in dem vorliegenden Fall einen Anspruch auf Unterlassung gegenüber dem Hundehalter hätte, dann bestünde wohl erst recht ein Anspruch gegen Katzenhalter, deren Katze frei durch Feld und Flur stromert und Nester ausräumt oder Kleinstsäugetiere tötet. Mir ist bisher niemand bekannt, der vertritt, dass in einem solchen Fall ein Unterlassungsanspruch gegen den Katzenhalter besteht. Hier wird man wohl noch eher eine Störung annehmen müssen.

Das Bestehen eines Unterlassungsanspruches ist aber trotzdem wohl eher fragwürdig, denn das Freilaufen lassen von Katzen wird man als sozialadäquat und wohl auch als katzengerecht (=tierschutzgerecht) ansehen. Ich habe große Zweifel, dass man bei einer Katze mit einem solchen Unterlassungsanspruch durchdringen würde. Wenn dies aber für die Katze gilt, dann muss dies erst recht für den Hund gelten. Denn, während die Katze gar nicht unter der Kontrolle ihres Halters steht, ist der Hund zumindest bedingt unter der Kontrolle seines Halters.



Der vorliegende Fall lädt deshalb nicht dazu ein zu versuchen, von Hundehaltern zu verlangen, dass sie zukünftig ihre Hunde nicht mehr freilaufen lassen. Die Presse hat in ihren Überschriften die Besonderheit des Falles nicht berücksichtigt und den Fall stark vereinfacht. Das Urteil beruht auf einer Nachlässigkeit des den A vertretenden Anwalts und wird bei einem anderen erneuten ähnlichen Fall wohl eher nicht zu Gunsten des B ausgehen.

Deshalb: diese Entscheidung lädt nicht zur Nachahmung ein!

Rechtsanwalt Jan Hindahl, Kanzlei Scharf. Rechtsanwälte in Celle.


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