Die Unfallverhütungsvorschrift Jagd ist kein optionaler Vorschlag, sondern lebensrettend. Bei Manchen verblasst die Erinnerung an die UVV mit den Jagdjahren. Wie wichtig aber ihre Befolgung ist, zeigt unsere Serie wahrer Jagdunfälle. So ein kurioser Fall kann doch gar nicht passieren? Oh doch, wie man sieht…

Die Wilderer

B. und W. wuchsen gemeinsam in einem idyllischen Winkel Brandenburgs auf. Der ältere B. kannte seinen Freund von Kindheit an. Der 73jährige und der 51jährige unternahmen vieles gemeinsam. Auch die Jagdwilderei. Obwohl sie wegen des Verdachts längst ins Gerede gekommen waren, zeigte sie niemand aus ihrem 150-Seelen-Dorf an.

Ende August 2013 wollen sie im Schutz der Dunkelheit wieder zusammen illegal dem Wild nachstellen. Bei leicht abnehmendem Mond beziehen sie heimlich Stellung auf getrennten Hochsitzen des Jagdpächters. Beide führen Doppelflinten ohne waffenrechtliche Erlaubnis. Gültige Jagdscheine haben sie ebenfalls nicht.

Der Abend endet im Desaster:

Um 22.47 ruft der ältere B. seinen Komplizen mit dem Handy an und erklärt die Jagd für beendet. Nach „Hahn in Ruh“ wird nicht mehr geschossen und ist zu entladen – normalerweise…

B. rechnet damit, dass W. nach dem Abbaumen zum Auto geht und den Feldweg entlang des idyllischen Flüsschens Buckau hinaufgefahren kommt, um ihn abzuholen. Stattdessen geht W. zu Fuß quer über das Feld auf den Hochsitz des B. zu. Der 73jährige ist sehschwach und hörgeschädigt, zudem frisch am Auge operiert und obendrein herzkrank.

Trotz des Mondscheines glaubt er in den Umrissen des W. schemenhaft einen Frischling (!) zu erkennen und drückt beide Läufe seiner Flinte ab. B. schießt nicht nur ohne Jagdschein und Waffenbesitzkarte, sondern auch noch mit verbotenem Postenschrot im Kal. 7,5 mm. Da er ein „Klagen“ vernimmt, lädt er nach und schießt ein drittes Mal.

Als er die verendende Stimme des W. erkennt, ruft er noch: „Warum läufst du ohne Licht?“ Doch als er den Freund erreicht, der in 42 Metern Entfernung liegt, hat dieser schon keinen Puls mehr. Die Lunge ist zerstört.

Statt sofort einen Notruf abzusetzen, holt der Unglücksschütze das Auto des Freundes und klingelt den Jagdpächter aus dem Bett. Ehe dieser Polizei und Notarzt alarmiert, vergeht weitere Zeit. Bis zum Morgen bleibt W.‘s Leiche auf dem Feld liegen, bis die Ermittler der Kriminalpolizei alle Spuren gesichert haben. Bei der Summe der Rechtsverstöße kommt es auf „Kleinigkeiten“ wie Schießen nach Beendigung der Jagd, Wilderei, Verstoß gegen das Waffenrecht etc. kaum noch an.

Urteil des Amtsgerichtes Brandenburg: Zwei Jahre und drei Monate Haft wegen fahrlässiger Tötung. Doch der Rentner hat nicht nur die Freiheit verloren, sondern auch sein soziales Umfeld. Die Angehörigen konnten ihm nicht verzeihen; B. wurde in seinem Heimatdorf zum Geächteten.


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