Der Frühling zeigt sich mittlerweile von seiner besten Seite, nicht nur die ersten Blüten strahlen in bunten Farben und die Wiesen werden wieder grüner, sondern auch die Jägerschaft blickt voller Vorfreude auf den traditionellen Aufgang der Bockjagd am ersten Mai.

Sowohl für Jungjäger als auch für alte Hasen hat dieser Tag einen gewissen jagdlichen Zauber inne, die lange Durststrecke über den Winter voller kalter Nachtansitze und sonstiger Schonzeit ist damit endlich vorbei. Das Jagdjahr nimmt im Frühjahr dann so richtig Fahrt auf.

Die Böcke sind bestätigt, die Ansitze ausgeschnitten. Beim nächsten Ansitz steht der Bock auch schon breit, nichts ahnend blickt er in die Ferne. Endlich ist es so weit, Anspannung liegt in der Luft, ein letztes Mal ausatmen und ein Knall zerreißt die Stille. Der Finger ist krumm. Das Stück zeichnet, krümmt sich und springt in das nahe gelegene Dickicht ab. Was ist gerade passiert? Gedanken schießen durch den Kopf, darunter mischt sich auch eine zweifelnde Stimme.

Habe ich ihn richtig erwischt? Bin ich gut abgekommen? Naja, vielleicht etwas weiter hinten…

Minuten der Ungewissheit, die obligatorische Zigarettenpause zieht sich wie Kaugummi. Schwer atmend am Anschuss angekommen, folgt die Ernüchterung. Dunkler Schweiß, Lunge wird’s keine sein. Ein paar Meter weiter wieder ein paar Tropfen. Eine Situation, in die kein Jäger kommen will. Doch irgendwann ist sie da, aus dem Lehrbuch weiß man, was zu tun ist.

Wer auf eigene Faust nicht weiterkommt, sollte Vernunft walten lassen und einen Nachsuchenführer holen, damit schlussendlich das leidende Tier dann erlöst werden kann. Schlimmer noch, wenn die Ungewissheit noch Tage anhalten muss oder gar für immer.

Nur weil diese unrühmliche Situation dann gelöst ist, egal mit welchem Ergebnis, heißt es nicht, dass sie dann vorbei ist. Ein Waidmann sollte nach der Auffassung der Waidgerechtigkeit nicht davon unberührt bleiben, egal in welchem Alter.

Mit Erlangen des Jagdscheins und Ausübung der Passion verpflichtet sich jeder von uns, dem Tier am anderen Ende des Laufes möglichst wenig Leid zuzufügen.


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