Viel schlimmer als das Vorbereiten und die Aufregung an „dem“ Tag, finde ich allerdings die Leute, die sich völlig im Prüfungswesen verlieren. Wenn ich mir einen Jagdhund ins Haus hole, dann soll er jagen, so oft er kann und mag und so lange, wie sein Geist und seine Knochen es mitmachen. Er soll Schwarze und Rote aufstöbern, Langohren und Gefiederte apportieren und Krankes oder Verletztes finden. Das sind meine Anforderungen an einen Jagdhund. Natürlich kann dabei nicht ein Hund alles perfekt, deswegen haben wir ja auch verschiedene Rassen. Ein Freund mit einem Schweißhund, den man bei Bedarf anrufen kann, tut es sicher auch. Was mein Hund also nicht machen muss, ist das Besuchen jeder möglichen Prüfung, um am Ende ein Tagebuch mit Auszeichnungen füllen zu können, dabei aber das praktische Jagen nicht zu beherrschen. Sicherlich gibt es auch Hunde und dazugehörige Führer, die beides können und schaffen - Hut ab! Ich hätte da aber weder Zeit noch Lust zu. Auch sehe ich die Wichtigkeit einiger Prüfungen, gerade bei Hunden, die in die Zucht sollen. Da sollte zumindest die Brauchbarkeits- und Anlagenprüfung erfolgt und gut abgeschlossen worden sein. Aber wie prüft man heutzutage, ob ein Hund brauchbar ist?

Für Emma-Otto stand vor ein paar Wochen die Anlagenprüfung auf dem Sonntagsprogramm. Wir hatten genug Hasen geübt und eine Woche zuvor die Brauchbarkeit bestanden, daher war ich an diesem Tag schon etwas ruhiger. Die Schussfestigkeit war bei keinem der Hunde ein Problem und somit schnell abgehakt. Anschließend teilten wir uns in zwei Gruppen auf, da zwei der vier Aspiranten läufige Hündinnen waren, unter anderem meine. Wenn Sie es bisher noch nicht erlebt haben: Man bildet eine Kette und läuft über Felder und Wiesen, durch Gehölz und Wäldchen auf der Suche nach den gefühlt letzten Hasen der Nation. Ist ein Hase lokalisiert oder abgegangen, wird ein Hund, der den Hasen im besten Fall nicht gesehen hat, an der Sasse angesetzt und muss nun laut und sicher der Fährte folgen. Jeder Hund sollte wenn möglich zwei Hasen arbeiten. Nun könnte man sich fragen und ich tue das so wie alle anderen Prüflinge, warum ausgerechnet ein Hase? Warum sucht man Stunden um Stunden nach den letzten Hasen des Reviers um daran den Spurwillen, den Laut und die Sicherheit seines Hundes zu testen? Wir Prüflinge waren uns alle einig: Keiner unserer Hunde wird nach dieser Prüfung jemals bewusst einen Hasen jagen, alle sollen auf Schalenwild eingesetzt werden. Auf den wenigen Treibjagden, die heutzutage noch stattfinden, werde ich nicht unsere gerne mal weitgehende Bracke laufen lassen und angesichts der Vielzahl an Straßen zusätzlich ihr Leben riskieren. Jedenfalls standen oder liefen wir aufgeregten Hundeführer durch das Feld, ein Fragezeichen des Sinns im Kopf und dennoch voller Hoffnung, ein Langohr zu erspähen.

Foto: Patrik Bolke


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