Nicht geschossen ist auch gejagt
Papa hat seinen Bock geschossen, den Film gedreht und endlich ist es soweit. Ich bin dran, es geht zusammen auf die erste Sau. Ich weiß nicht, wie man so ruhig bleiben kann. Wir sitzen zusammen mit dem ungarischen Berufsjäger in der Kneipe und schlürfen Kaffee, statt längst auf dem Hochsitz zu sitzen. Die Sonne geht gleich unter und ich will dringend los, aber die beiden unterhalten sich seelenruhig mit Händen und Füßen über Gott und die Welt. Nach gefühlten drei Stunden brechen wir auf und ich muss zugeben, es ist noch ziemlich hell draußen. Mit einem uralten Geländewagen rumpeln wir über Feldwege zu einem Rapsfeld und unser Berufsjäger führt uns zu einem Hochsitz. Ich sehe schon am Gesicht von meinem Vater, dass ihm der Sitz nicht passt. Der Stand liegt im dichten Raps und ist schon kniehoch. Als Gast verkneift er sich jedoch ein Meckern und wir klettern die Leiter hoch, um uns einen Überblick zu verschaffen. Schnell wird uns klar: Hier wird das nichts! Ein sicheres Ansprechen kann hier nicht klappen und einen Fehler darf man sich im April bei der Wildschweinjagd nicht leisten. Kurz nach Einbruch der Dämmerung telefonieren wir deshalb mit unserem Jagdführer und vereinbaren zu einer anderen Kanzel zu pirschen. Also runter vom Sitz und auf leisen Sohlen an der Feldkante entlang. Klar, sind wir schon oft zusammen gepirscht, aber diesmal hab ich selbst die Waffe auf der Schulter, ein völlig anderes feeling. Immer wieder bleiben wir stehen und lauschen in die Richtung des angrenzenden Waldes. Zunächst ist alles ruhig, bis wir plötzlich ein Hirschrudel vor uns haben. Insgesamt neun Hirsche treten direkt vor uns aus dem Wald. Wir werden zu Salzsäulen und vertraut ziehen die Roten über den Weg. Leise versucht Papa mir zu erklären um welche Altersklassen es sich handelt, aber ehrlich gesagt bin ich viel zu aufgeregt und verstehe nur die Hälfte.