Liegen die Vorstellungen der Parteien von vornherein zu weit auseinander oder aber sind noch weitere Faktoren (neben dem Schadensausmass) streitig, sollte den beschriebenen Problemen besser vorgebeugt werden: Nämlich durch ein Beweisverfahren.
Werden sich der geschädigte Landwirt und der betroffene Jagdpächter nicht einig, muss es letztendlich die Justiz richten. Das Beweisverfahren dient, gerade in Fällen mit einer gewissen Eilbedürftigkeit – und zwar ganz allgemein und nicht nur für den hier behandelten Streitfall –, allein der Beweissicherung. Es kann aber dennoch den Ausgang einer rechtlichen Auseinandersetzung erheblich beschleunigen. Denn – noch im Vorfeld eines sich möglicherweise anschließenden Rechtsstreits (sog. Hauptsachverfahren) – haben die Parteien (erneut) die Gelegenheit sich zu einigen und zwar auf der Basis des für den Rechtsstreit gegebenenfalls verbindlichen Sachverständigengutachtens. Auf diesem Weg fordert das Beweisverfahren gar nicht selten die Einigungsbereitschaft der Parteien; es dient damit auch der Prozessökonomie.
Im Rahmen des selbständigen Beweisverfahren prüft ein gerichtlich bestellter und vereidigter – und damit neutraler – Sachverständiger bei entsprechenden Fragestellungen die streitigen Umstände, die zur Schadensentstehung geführt und/oder beigetragen haben. Und er ermittelt – soweit möglich – den genauen Umfang des Schadens.
Gelangt der Sachverständige zur Feststellung eines bestimmten Schadens, steht dem Jagdpächter frei, die gutachterlich festgestellte Forderung des Landwirtes anzuerkennen oder aber abzulehnen.
Wird dennoch keine Einigung im Anschluss an das Beweisverfahren erzielt, etwa aufgrund unterschiedlicher Bewertungen von rechtlich relevanten Begleitumständen (bspw. ein Mitverschulden des Landwirts), hat der Anspruchsteller (Landwirt) durch die Begründung seiner Klage das Hauptsachverfahren einzuleiten.
Zum einen gelangt der Sachverständige nicht notwendigerweise zu einer für beide Seiten nachvollziehbaren Schadenfeststellung; zum anderen obliegen rechtliche Bewertungen wie etwa das Bestehen oder Nichtbestehen eines Mitverschuldensanteils auf der Seite des Landwirts allein dem Richter (und nicht dem Sachverständigen).
Gerade die Situation, wenn der Jagdpächter von einem erheblichen Mitverschulden des Geschädigten, § 254 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), ausgehen darf, gestaltet sich eine Einigung auf der Basis des Sachverständigengutachtens häufig eher schwierig. § 254 BGB beruht auf dem Rechtsgedanken, dass derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, den Verlust oder die Kürzung seiner Schadensansprüche hinzunehmen hat. Für die Abwehr von Schadensersatzansprüchen durch den Jagdpächter von besonderem Vorteil ist es, wenn ein anspruchsausschließendes Mitverschulden festgestellt und gegen die Forderungen eingewandt werden kann. Ein solch’ anspruchsausschließendes Mitverschulden trifft den Landwirt u. U. dann, wenn er Ansaaten vornimmt, mit denen nach Lage des gewählten Grundstücks und nach Wahl des Saatguts geradezu sicher ein erheblicher Wildschaden provoziert wird. Insoweit ist es für den Landwirt eher untunlich, ohne Rücksicht auf die die besondere Situation eines Grundstücks, den höchstmöglich erscheinenden Ertrag anzustreben.
Foto: Max Götzfried