Um meinem leicht pedantischen „Ich“ zu entsprechen, sind es genauer gesagt zwei Jahre und ein Monat. Das weiß ich so genau, weil im Zeitalter von Smartphones, schnell geschossenen Bildern und Timelines, das chronologische Nachvollziehen von Ereignissen ein echtes Kinderspiel ist.
Neben meinen leichten Pedantismus sagt man mir (jagdlich) übrigens nach, dass ich manchmal auch einen Hauch an Verbissenheit an den Tag lege. Habe ich mir einmal ein Stück ausgeguckt, treibt es mich regelmäßig, ständig und immer wieder an diesen Ort, an dem ich es gesehen habe, von dem ich vermute, dass es dort sein könnte und ich im besten Fall Jagderfolg habe. Klar, ich gucke auch an anderen Plätzen nach anderem Wild aber… Eine gute Freundin von mir würde dieses Verhalten als liebenswerte Besonderheit bezeichnen.
Die erste Begegnung mit MEINEM Rehbock war Anfang Juli 2020. Ein wunderschöner Sommerabend, eine offene Leiter im Altholz, Sonnenstrahlen durchfluteten eine vor mir liegende Dickung. Ein Bock trieb ein Schmalreh in dieses ruhige Bild hinein, welches sogleich in der Dickung verschwand. Der junge Spießer verhoffte und stand da, wie gemalt. Diese Szene machte derart Eindruck auf mich, dass ich unbedingt diesen Moment im bereits erwähnten Smartphone festzuhalten versuchte. Keine Minute später war er verschwunden.
Warum ich ihn damals nicht direkt erlegt habe? Tja, DAS habe ich mich ehrlich gesagt nach dem Ansitz auch gefragt. Ich könnte jetzt mit fadenscheinigen Erklärungen und Ausreden ums Eck kommen, aber im Grunde es ist ganz einfach: der Anblick war so schön und ich wollte bzw. konnte nicht. Allerdings war es nun um mich geschehen und in meiner ausgeprägten liebenswerten Besonderheit war der Plan in meinem Kopf bereits fertig geschmiedet: DER sollte es sein… Aber wie das mit Plänen manchmal so ist - nicht immer führen sie auch umgehend zum Erfolg. So auch bei diesem Plan, der- ich möchte mal sagen - ja im Grunde gut war! Zuweilen sah ich den Bock wochenlang nicht, aber rückblickend hatten wir unzählige Begegnungen. An diese erinnere ich mich sehr gut:
Mal wieder saß ich auf eben dieser Leiter und schaute völlig verzückt einer Ricke mit Kitz zu. Verstrahlt lächelnd legte ich das Fernglas ab und wurde in diesem Moment keine fünf Meter links von mir von DEM Bock angeschreckt, als gäbe es kein Morgen mehr. Wo er plötzlich herkam? Keine Ahnung.