Am nächsten Tag fahren wir zusammen raus und stellen unser Dreibein in einer Ecke des Reviers auf. Der Deich bietet auch an dieser Stelle einen hervorragenden Kugelfang und ich lege los. Klar, ist es ein bisschen wackeliger als eine stabile Gewehrauflage, aber nach ein paar Versuchen fliegt die Kugel da hin, wo sie hin soll. Direkt in die Zehn. Wir wechseln noch einmal die Entfernungen und testen den Ballistikturm vom Leupold. Das passt! Eigentlich sollte ich ja jetzt erleichtert sein, weil ich weiß, dass ich auch so gut schießen kann, aber mal ganz ehrlich? Morgen soll es aufs Ganze gehen und Ausreden zählen da nicht. Es ist doch schon was anderes auf eine Scheibe zu zielen, als auf die Jagd zu gehen um ein Tier zu töten. Zum Glück ist es eine kurze Nacht, denn wir gehen am nächsten Morgen schon vor Sonnenaufgang raus und so richtig schlafen konnte ich eh nicht. Hätte nie gedacht, dass ich an einem Sonntag mal so früh aus den Federn krieche, aber heute freue ich mich sogar darüber. Beim Frühstück krieg ich keinen Bissen runter, das liegt bestimmt nicht an meiner Aufregung sondern an der Uhrzeit. Die Sachen sind schnell gepackt und wir fahren an die Stelle des Reviers, wo ich den Bock gesehen habe. Hoffentlich lässt er sich heute blicken und ich bin ruhig genug um alles richtig zu machen. Nachdem wir den Wind geprüft haben, pirschen wir an einer Hecke entlang und halten Ausschau nach der ersehnten Beute. Als die Sonne aufgeht lauschen wir dem ersten Gezwitscher und ich muss grinsen, als plötzlich ein anderes Geräusch dazukommt. Man hört Musikfetzen von der nahen Hauptstraße. Diese führt nämlich direkt von unserer Dorfdisco in den Nachbarort und die letzten Besucher fahren jetzt wohl nach Hause. Das ist auch ein Grund für unser Fallwild. Sonst ist auf der Straße nichts los, aber gerade in der Morgendämmerung, wenn das Wild wechselt, steppt hier der Bär. Die letzten Beats sind noch zu hören, als sich am Waldrand etwas bewegt. Ein kurzer Blick durchs Fernglas bestätigt die Vermutung. Der gesuchte Bock äst seelenruhig direkt vor uns, aber noch ist es viel zu weit für einen sicheren Schuss. Das Gute ist, ich kann mich in Ruhe vorbereiten, das Doofe ist, ich bin ziemlich nervös.


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