Wir jagen mit Freunden ... und Hunden
Hunde

Wir jagen mit Freunden ... und Hunden

Text: Norman Stoll
Bilder: Norman Stoll

Es gibt in einem Jagdjahr immer ein paar Highlights. Für den einen ist es der Aufgang der Bockjagd, für den anderen die Brunftzeit und für viele weitere die Drückjagdsaison. Ich gehöre, als passionierter Hundeführer, eindeutig zu der dritten Gruppe und freue mich immer schon das ganze Jahr auf den Herbst bzw. Winter, wenn die ersten Termine anstehen.

Da im letzten Jahr die Drückjagdsaison von der anhaltenden Coronasituation und den damit verbundenen Einschränkungen geprägt war, war die Vorfreude dieses Jahr noch etwas größer. Viele Jagden sind 2020 entweder ganz ausgefallen, oder wurden im deutlich kleineren Rahmen abgehalten. Da ich oft auch über die Landesgrenze hinaus zu Drückjagden fahre, fielen durch dortige Einreisebestimmungen zudem auch die schönsten Termine gänzlich weg.

Dieses Jahr sollte also alles besser werden. Es wurde auch besser, aber halt noch nicht so wie vor Corona. Leider gibt es ja aktuell eine neue Zeitrechnung … die Zeit vor Corona … und ich hoffe inständig, dass wir möglichst bald „nach Corona“ sagen können und die Normalität wieder überall Einzug hält.

In einem Jägerleben gibt es immer die erste Drückjagd und die bleibt einem meistens in Erinnerung, in guter oder auch schlechter. Meine ersten Erlebnisse habe ich noch ohne Jagdschein im jugendlichen Alter als Treiber erleben dürfen. Auch wenn man damals noch nicht vollumfänglich alles rund um das Waidwerk verstanden hatte, konnte man trotzdem schon seine Erfahrungen sammeln. Nun nach fast 25 Jahren als Jäger durfte ich an unzähligen Gesellschaftsjagden teilnehmen. Einige als Schütze, früher viele als Treiber, aber die meisten mittlerweile als Hundeführer.

Es gibt viele Drückjagden, zu denen ich aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr gehe, auch dies kennen sicher viele Jäger und Hundeführer. Über die Jahre hat man halt eine Menge an Erfahrungen gesammelt und muss letztendlich für sich entscheiden, mit wem bzw. wo man gerne jagt.

Der teils unwürdige Umgang mit der Teiberwehr oder dem erlegten Wild ist für mich dabei genauso befremdlich, wie wenn ein Schütze mit neun Schuss ein Alttier, ein Kitz und zwei Frischlinge völlig zerschossen an den Platz bannt, wovon man dann insgesamt vielleicht einen Rücken und eine Keule vermarkten kann, und dieser Schütze im Anschluss noch für die gute Strecke gelobt wird.

Bei aller Passion und den Besonderheiten einer Bewegungsjagd, darf die Waidgerechtigkeit meines Erachtens nicht zu kurz kommen, oder gänzlich auf der Strecke bleiben. Missgeschicke und Fehler können passieren, aber nicht vorsätzlich und auf keinen Fall, wenn dabei Treiber oder die eingesetzten Jagdhunde gefährdet werden.

Eine gute Drückjagd bemisst sich für mich auch nicht an der Höhe der Strecke, sondern eher an der Qualität der Strecke und natürlich an einer guten Organisation. Saubere Schüsse, ein passendes Verhältnis in den Altersklassen und ein guter Umgang mit dem hochwertigen Wildbret sind immer wünschenswert. Natürlich gibt es viele dieser gut organisierten Jagden, zu denen man immer wieder gerne kommt und sich rechtzeitig im Kalender notiert. So hat man sich über die Jahre ein kleines Netzwerk aufgebaut und trifft immer wieder Gleichgesinnte, mit denen man in guter Gesellschaft bei einer Gesellschaftsjagd jagen kann.

Dann werden über die Zeit auch Bekannte zu Jagdfreunden und was gibt es Schöneres, als mit Freunden zusammen zu jagen. Mich zieht es dafür sehr oft in den Nordosten der Republik. Dort findet sich immer eine Truppe zusammen, die die gleiche Passion und Leidenschaft hat. Die mit ihren Vierbeinern jedes Gelände durcharbeitet und füreinander da ist. Das Wort Jagdkameradschaft wird dort mit Leben gefüllt, vor, während und nach der Jagd. Mittlerweile kennen sich die Hunde und Hundeführer schon so gut, dass jeder den Laut des anderen deuten kann.

So durften wir also dieses Jahr wieder gemeinsam durchstarten. Das Gelände ist dort teils sehr schwierig zu belaufen und ähnelt manchmal einem Urwald. Nasse Füße, aber auch nasse Unterhosen sind nicht selten. Es ist ein Paradies für das Schwarzwild und es bedarf schon einer gewissen Taktik, sie aus ihrem Domizil herauszubekommen. Über die Jahre versucht jeder Jagdleiter seine Taktik zu verbessern, aber die Sauen lernen auch dazu. Was in dem einen Jahr noch gut funktioniert hat, ist im Folgejahr oftmals nicht von Erfolg gekrönt. So sind einige todsichere Hotspots am Jagdtag plötzlich verlassen. Auch bei uns lief es mal gut, mal mäßig, aber Spaß hatten wir trotzdem immer.

Alles beginnt an diesem Morgen mit der Begrüßung und der Ansprache des Jagdleiters. Der Nachweis bzgl. Jagdschein und auch der Corona-Dokumentation wurden selbstverständlich im Vorfeld beim heißen Kaffee erledigt. Die Worte sind freundlich und kameradschaftlich, aber auch recht eindeutig. Klare Freigaben und Verhaltensregeln werden erläutert. Der Ablaufplan und die Gruppeneinteilungen folgen zugleich. Im Anschluss ertönen die Jagdhörner … Aufbruch zur Jagd! In kleinen Treiberwehren gespickt mit ausgewählten Hundeführern geht es jetzt ins Revier.

Einige Reviere kennt man schon ganz gut, aber es ist natürlich immer von Vorteil, einen ortskundigen Führer in seiner Treiberwehr dabeizuhaben.

Die Hunde können es kaum noch erwarten und verstehen auch nicht, warum wir nun noch bis zur besprochenen Uhrzeit warten müssen. Nun aber, alle stehen bzw. sind auf ihren Ständen, die Hunde werden geschnallt. Die erste Energie muss jetzt aus den Vierbeinern erstmal raus und wir als Zweibeiner bahnen uns den Weg durch das hohe Schilf.

Die ersten Schüsse fallen auf den außen liegenden Ständen, wahrscheinlich Rehwild. Im Bestand werden die Fährten gearbeitet und der ein oder andere Laut macht schon mal Hoffnung. Und kurze Zeit danach, Standlaut vom Weimaraner. Es dauert nicht lange, da rückt die Verstärkung an. Zwei Terrier folgen dem sich jetzt schon schärfer werdenden Standlaut. Die erste Rotte bricht aus dem Schilfeinstand, aber kein Schuss. Die Hunde setzen nach und anscheinend wird die Rotte gesprengt. Mehrere Schüsse links wie rechts und kurz darauf eine gestellte Sau in circa 250 Meter Entfernung.

Wir verständigen uns auf Zuruf, wer zum Hund eilt. Im Idealfall schafft es der jeweilige Hundeführer selbst zu seinem Hund, ansonsten springt halt ein anderer in die Bresche. Die Situation ist schnell abgearbeitet, ein Frischling mit hohem Laufschuss hatte dem starken Rüden und der Abfangklinge nicht viel entgegenzusetzen. Eine weitere Schwierigkeit in dem unwegsamen Gelände ist immer die Wildbergung. Hier haben wir uns darauf verständigt, das Wild, wenn möglich, zum Schützen, oder auf die nächste Schneise zu ziehen. Auch hier hilft man sich kurz gegenseitig.

In manchen Revieren Nähe der Peene sind auch Biber heimisch und dadurch stauen sich einige Gräben und Flächen doch gewältig auf. Die Gummistiefel sind definitiv zu kurz und so gibt es teilweise abenteuerliche Überquerungen, die halt manchmal auch schiefgehen. Den erprobten Treiber erkennt man hier an abgetapeten Stiefelschäften oder hohen Beinlingen. Mitunter aber auch einfach an den Turnschuhen, da der ortskundige und leiderprobte Treiber schon alles andere bis dato erfolglos ausprobiert hat. Vor Jahren war ich auch noch der Wessi, der versucht hat, trocken zu bleiben, aber über den Status bin ich hinaus. Manchmal läuft es halt gut, manchmal nicht.

Bei dieser ersten Jagd, haben wir so viele Pirschzeichen, Kessel und stark belaufene Wechsel im Schilf gesehen, dass wir von mehreren starken Rotten und reichlich Begegnungen ausgingen. Diese konnten wir aber im ganzen Treiben nicht ausmachen. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass zumindest eine große Rotte vor dem Anstellen zum Nachbarn unbeschossen rausgewechselt ist. Immer mal wieder werden einzelne Schwarzkittel aus den Dickungen gedrückt, aber verglichen zu den Vorjahren, hatten wir mit mehr Kontakt gerechnet.

Weiter geht es durch die Schilflandschaft in Richtung des zugeteilten Waldstücks. Dort kommen dann noch ein paar Stücke Damwild auf die Läufe und auch zu den Schützen. In der anderen Treiberwehr ist etwas mehr Action, wie man an den Schussfolgen und dem Hundegeläut vermuten kann.

In den Brombeeren machen wir aber noch zwei Überläufer hoch. Auch hier wieder so ein besonderer Drückjagd-Moment, wenn erst die Hunde Witterung aufnehmen und dann auch die eigene Nase deutlich den Maggiduft wahrnimmt. Die Hunde werden steifer im Gang, die Nase geht hoch, kurzes tiefes Bellen, länger halten es die Sauen dann nicht aus und sie brechen in voller Flucht durch das Unterholz. Auch hier fallen zwei Schüsse, aber außerhalb des Einstandes.

Wieviel tatsächlich zur Strecke gekommen ist, kann man während einer Jagd immer schlecht abschätzen, aber tendenziell waren wir vor zwei Jahren erfolgreicher. Auch das erhoffte Rotwild (was hier als Wechselwild vorkommt), für mich als Nordlicht ja immer etwas Besonderes und Seltenes, war wohl heute nicht im Treiben. Das Ergebnis wird sich erst am Streckenplatz zeigen. Nun sind die ersten drei Stunden der Drückjagdsaison 2021 vorbei und wir machen uns auf den Weg zum Sammelplatz.

Jagd vorbei und alle Hunde unverletzt, dies ist natürlich für die Hundeführer das Wichtigste. Jetzt erstmal die Schutzweste aus und nach kurzem Bodycheck lass ich meinen Terrier auf dem Weg zu den Fahrzeugen meist etwas trocken laufen, wenn er zwischendurch so häufig schwimmen musste. Sicherlich haben in diesem Gelände die hochläufigeren Hunde einen gewissen Vorteil, aber für den Jagderfolg macht es meiner Erfahrung nach, die Mischung verschiedener Hunderassen bzw. die Art wie sie zusammenarbeiten, aus.

Die Bergung läuft nun mit geländegängigen Quads plus Anhänger an und die Schützen verbleiben noch zum Einweisen solange am Stand. Wir Hundeführer versorgen unsere Hunde und besprechen noch eventuelle Nachsuchen. Auch hier hat man seitens der Jagdleitung vorbildlich dafür gesorgt, dass ein entsprechendes Nachsuchen-Gespann parat steht. Nach und nach trudeln die Schützen, weitere Treiber, sowie die Bergeteams mit den ersten Stücken am Streckenplatz ein. In der Mitte sorgt ein kleines Lagerfeuer für die passende Stimmung und ein paar wärmende Momente, bis die Suppe ausgegeben wird.

Der erste Austausch über das Erlebte findet statt und so wird aus den selbst miterlebten Szenen des Treibens, eine immer kompletter werdende Geschichte eines spannenden Jagdtages. Die Suppe ist verspeist, das Wild geborgen, die eine Nachsuche abgearbeitet und das Wild komplett mit Unterstützung eines Schlachters versorgt.

Nun wird die Strecke gelegt.

Ich persönlich finde diese Tradition des jagdlichen Brauchtums sehr wichtig und finde es gehört einfach zum Abschluss eines erfolgreichen Jagdtages dazu. Ob nun dabei die komplette Strecke wieder aus der Wildkammer geholt werden muss, oder man aus Wildbret hygienischen Gründen nur ein Stück pro Wildart auf dem Tannengrün bettet, ist dabei den örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Da gibt es für mich kein falsch und kein richtig.

Zum Beispiel bin ich regelmäßig zu einer revierübergreifenden Jagd, wo gesammelt das Wild von mehreren Schlachtern aufgebrochen und sauber versorgt wird und bei passender Temperatur dann auch komplett auf die Strecke gelegt wird. Oft war hier die Strecke über 70-80 Kreaturen groß und gab somit ein imposantes Streckenbild ab. Nach dem Verblasen wurde die gesamte Jagdstrecke dann von einem Wildhändler direkt vom Platz abgeholt. Wo solch eine Logistik nicht möglich ist, sollte man vielleicht heutzutage die andere Option wählen.

Aber zurück zu dieser Jagd im Nordosten, wo auch der traditionelle Rahmen zum Ende dieses Tages passte. Schwedenfeuer an den Ecken, Bläser, Treiber und Hundeführer, sowie die Jagdleitung und die Schützen rund um die bunte Strecke, so wie es sich gehört, gesäumt. Die Brüche werden verteilt und die dazu gehörigen Signale erschallen. Ein paar Worte zu den Besonderheiten folgen, z.B. der Jungjäger mit seinem ersten erlegten Stück und der nasseste Treiber, bevor abschließende Worte des Dankes an alle Helfer und Teilnehmer dieser Drückjagd gerichtet werden.

Die eingangs schon beschriebene besondere Jagdkameradschaft zeigt sich auch hier. Jeder weiß eigentlich, wer diesen Tag so erfolgreich gemacht hat, denn was wären wir ohne unsere Jagdhunde. Der beste Schütze, der beste Stand nützt nichts, wenn nicht gut gedrückt wird und das Wild dort nicht passend vorbeikommt. Da auch der Jagdleiter passionierter Hundeführer ist und weiß wie schwierig und anstrengend so ein Gelände sein kann, wenn man es richtig durcharbeitet und nicht nur auf Wegen drumherum geht, sind diese ehrlichen Worte des Dankes nicht nur Bestätigung für die heutige gute Arbeit, sondern auch Motivation für den nächsten Jagdtag. Jagd vorbei, Halali…

Bei aller Veränderung der Jagd, wo aktuell viel Technik und auch zum Teil ein anderes Verständnis zum Thema Jagdethik Einzug hält, ist so eine gut organisierte und traditionell durchgeführte Drückjagd ein sehr ursprüngliches Jagderlebnis, das es zu bewahren gilt. Ich bin nach so einem Tag meist sehr beseelt, wenn ich dann abends zuhause vorm Kamin mit meinem vierbeinigen Jagdbegleiter liege und die Szenen dieser Drückjagd mit und bei Freunden nochmal Revue passieren lassen kann.


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