Dies zeigt, dass die Anforderungen an die Notwehr im Einzelnen sehr hoch sein können und es deshalb dazu kommen kann, dass die Voraussetzungen der Notwehr nicht gegeben sind. Dies birgt gerade für Jäger ein großes Risiko. Wenn Ihre Abwehrmaßnahme nicht durch Notwehr oder einen anderen Rechtfertigungsgrund gerechtfertigt sind und auch kein Entschuldigungsgrund greift, begehen Sie eine Straftat. Das Begehen einer Straftat kann dabei immer die waffenrechtliche Zuverlässigkeit gefährden. Hinzu kommt, dass das Begehen z.B. einer Körperverletzung mit einer Schusswaffe immer strafschärfend wirkt, sich die Strafe also erhöht.
Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft in den allermeisten Fällen erst einmal ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Jäger einleiten wird. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dies nach einiger Zeit dann eingestellt wird. Gleichzeitig führt ein laufendes Ermittlungsverfahren aber regelmäßig dazu, dass der Jagdschein nicht verlängert wird, solange das Ermittlungsverfahren noch läuft. Zum anderen sollte man im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens einen Verteidiger damit beauftragen, die eigene Verteidigung zu übernehmen. Dies kann dann nicht unerhebliche Kosten verursachen.
Unter diesen Umständen ist dann immer abzuwägen, ob man das Risiko tatsächlich eingeht und einen Wilderer stellt oder, ob man hiervon absieht, um nicht das eigene Leben zu gefährden und sich dem Risiko des Verlustes des Jagdscheines auszusetzen. Ich würde in einem solchen Fall eher nach der Maxime handeln, „fünf Minuten feige, als ein ganzes Leben tot“. Ich erachte es selbst als sicherer, die Polizei in einem solchen Fall zu verständigen und der das weitere Vorgehen zu überlassen. Damit ist natürlich das Risiko verbunden, dass der Wilderer nicht gefasst werden kann.
Letztendlich wird eine solche Frage immer im Einzelfall zu entscheiden sein, aber bevor man versucht einen Wilderer zu stellen, sollte man sich der vorstehenden Risiken bewusst sein und diese in die eigenen Risikoabwägung mit einfließen lassen.
So bleibt zu hoffen, dass die Meldungen über Wilderei in den nächsten Jahren wieder weniger werden und nicht weiter zunehmen.
Rechtsanwalt Jan Hindahl, Kanzlei Scharf. Rechtsanwälte in Celle.