Anschusskontrolle ist aktiver Tierschutz

Anschusskontrolle ist aktiver Tierschutz

Text: Stefanie Klausing
Bilder: Stefanie Klausing

Vor einigen Tagen lud Mario Schwark, Revierpächter in Hördinghausen, Gemeinde Bad Essen in Niedersachen zum Anschussseminar ein. Referieren sollte Joel Schwarz. Da dacht ich mir, den kennste, das hörste dir mal an.

Joel ist 46 Jahre alt und besitzt schon viele Jahre den Jagdschein. Er führt zurzeit seinen sechsten Hund. Er ist einer der bestätigten Nachsuchenführer bei uns im Wiehengebirge, aktuell führt er eine Schwarzwildbracke und einen BGS.

Lustig ging es schon los, die Tücken der Technik spielten dem Veranstalter einen Streich. Es dauerte einen kleinen Moment, Rettung nahte. Der Nachbar hatte ein passendes Kabel. Ich dachte, na das kann ja was werden. Als es sich alle 13 Teilnehmer im Feuerwehrhaus in Hördinghausen gemütlich gemacht hatten, ging es los. Alles rund um den Anschuss; Verhaltensweise für die Augenblicke vor, während und nach der Schussabgabe auf Schalenwild, sowie die Verhaltensweise zur Annährung und zum Umgang mit dem Anschuss.

Joel begann mit seinem Vortrag und führte anschaulich sowie praxisnah durch den Abend. Er berichtet, dass seine Hunde nicht, wie ich gedachte habe, auf Schweiß arbeiten, sondern auf der Verwundfährte des jeweiligen Stückes Schalenwild. Das heißt, die Hunde werden so ausgebildet, dass sie in der Lage sind, Krankfährten von Gesundfährten zu unterscheiden. Der Hund erkennt in der Fährte unabhängig, ob Schweiß vorhanden ist, ob das Tier Krankwitterung aufweist oder nicht. Dies ist der Sinn einer Kontrollsuche; der Hund zeigt im Rahmen einer sogenannten Vorsuche, ob das Stück eine Verletzung hat oder nicht.

Natürlich verweist er auch Pirschzeichen wie Knochen, Schweiß oder Gewebe. Er erkennt es dann aber allein durch die Absonderung im Trittsiegel des Stückes. Zum Beispiel Adrenalin oder besondere Hormone. Dies ist erfahrungsgemäß auch noch nach vier Tagen möglich, wenn die Witterung es zulässt, dass die Fährte noch Krankwitterung abgibt.

Als Schütze muss ich mir über so einiges bewusst sein; passen meine Waffe, Munition und Geschoss zur Wild- und auch zur Jagdart? Besonders auf Drückjagden sollte man ein Kaliber wählen, welches auch bei Treffern hinterm Zwerchfell oder in der Körperperipherie genügend Wundwirkung erzeugt. Am besten man testet seine Waffe vor Saisonbeginn auf dem Schießstand oder im Schießkino.

Vor dem Schuss empfiehlt es sich genau zu schauen; wo sitze ich - welchen Kugelfang habe ich - auf welche Entfernung schieße ich? Hab ich aber nun wirklich ein Stück beschossen und kann es nicht finden, bin ich als Schütze verpflichtet, den Anschuss zu kontrollieren. Wie steht das Stück? Wie viele Stücke sind es? Was macht das Stück während des Schusses? Hier empfiehlt es sich, dass man durch das Feuer gucken kann. Das kann man üben, habe ich mir sagen lassen. Also durchs Feuer sehen und draufbleiben.

Wo ist mein Haltepunkt? Ist meine Waffe auf GEE oder Fleck eingeschossen? Das sind alles Sachen, die dem Nachsuchenführer die Arbeit erleichtern können.

Wie oft kam es schon vor, dass verendete Stücke gefunden werden, bei denen sich der schießende Jäger sicher war "das ging doch vorbei". By the way: nicht geschossen ist auch gejagt.

Also zurück zum Thema; Joel lässt seine Hunde rückwärts arbeiten. Das heißt: als erstes findet am Riemen eine Vorsuche statt. Ziel davon, der Hund sucht die Fläche ab und findet die Verwundfährte unter den Gesundfährten. Das sind erschwerte Bedingungen. Zweitens: Rücksuche zum Anschuss. Dann wird der Hund abgelegt und der Hundeführer untersucht auf Knien, den Anschuss von hinten, auf Pirschzeichen. Diese verteilen sich in der Regel fächerförmig hinter dem beschossenen Stück.

Und wie ich gerade gelernt habe, können diese sehr klein sein und weit verteilt. Deshalb ist es wichtig, dass der Anschuss und die nähere Umgebung nicht zertrampelt werden. Im Hördinghauser Revier wurden verschiedene Anschüsse simuliert. So konnten wir Teilnehmer, uns auch ein reales Bild machen.

Kann die Nachsuche erst später stattfinden, nehme ich die Pirschzeichen (Gewebe, Schnitthaar, Knochen) mit. Sie sind doch eine große Versuchung für Fuchs, Eichelhäher oder ähnliches. Die würden sie eventuell mitnehmen. Und dem Nachsuchenführer können sie zeigen, um was für einen Schuss es sich handelt. Auch die Fingerprobe kann bei einer Suche helfen. Angenommen wir finden hellen roten blasigen Schweiß, denkt jeder, klar Lungenschuss. Aber was, wenn dieser Schweiß nicht körnig/ gewebeartig ist sondern schmierig? Dann kann Knochenmark enthalten sein. Und das finden wir nicht in der Lunge.

Als drittes dann arbeitet der Hund die Fährte und soll sie halten, dabei soll er auch die noch so winzigsten Pirschzeichen verweisen.

Und dann folgen drei Möglichkeiten:

a) das Stück wird verendet im Wundbett gefunden, b) das Stück ist sichtbar krank - der Hund wird zur Hetze geschnallt und das kranke Stück wird erlöst, oder c) es wird ein frisches Wundbett gefunden welches warm ist. Dann wird ebenfalls der Hund geschnallt. Ist das Wundbett jedoch kalt, geht die Suche am Riemen weiter. In jedem Fall ist es das Ziel, das kranke Stück sofort zu erlösen, ohne unnötiges Dokumentieren, langes Stellen durch den Hund oder Zeitverzug durch Filmen!

Der Tierschutz hat oberste Priorität.

Einige Tage nach diesem Seminar habe ich Joel getroffen und er erzählte mir viel über die Arbeit als Nachsuchenführer. So ein Nachsuchenführer kommt nicht nur, wenn er eine Kontrollsuche nach einem Schuss arbeiten soll. Auch Nachsuchen, die durch Verkehrsunfälle entstehen, werden durchgeführt.

Im Übrigen halten sich die meisten Nachsuchenführer an die "Emkendorfer Beschlüsse". Das ist die Richtschnur für Denken und Handeln im Verein Hirschmann. Ich habe sie mir durchgelesen und finde, dass in diesen Worten sehr viel Wahrheit steckt und sie für jeden Waidmann und jede Waidfrau eine Selbstverständlichkeit sein sollten.


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