Da die Problematik mittlerweile auch in den einschlägigen Agrarzeitschriften bereits mehrfach aufgegriffen worden ist, wird man davon ausgehen können, dass Landwirten die Risiken einer Mahd ohne vorheriges Absuchen kennen. Im Zweifel wird deshalb gelten, dass ein Landwirt, der eine Wiese mäht, ohne dass diese vorher abgesucht worden ist, ein erhebliches Risiko eingeht, sich strafbar zu machen. Der Landwirt sollte deshalb unbedingt vor der Mahd die Flächen entweder selber absuchen oder dem zuständigen Jagdpächter Bescheid geben, damit dieser dann die Flächen absucht.
Und wie schaut es nun für einen Jagdpächter aus, dem ein Landwirt mitteilt, dass er die Wiesen morgen mähen will, und der Jagdpächter, die Fläche nicht absucht, obwohl er könnte. Dieser Fall ist bisher nicht entschieden. Eine Strafbarkeit des Jagdpächters kann man wohl auch nur dann annehmen, wenn der Landwirt annimmt, dass der Jagdpächter die Fläche abgesucht hat und bei dem Landwirt den Eindruck erweckt hat, dass er dies tun werde. Denn eine ausdrückliche rechtliche Verpflichtung für den Jagdpächter, die Flächen abzusuchen, gibt es nicht. Eine solche Verpflichtung könnte man allenfalls aus § 1 BJagdG herauslesen. Für die Frage einer Strafbarkeit dürfte dies jedoch zu weitgehend sein. Eine Strafbarkeit des Jagdpächters wird deshalb wohl nur in seltenen Fällen in Betracht kommen. Unabhängig davon sollten wir Jäger aber unserer moralischen und ethischen Verantwortung gerecht werden und weiter die Flächen absuchen.
Die Frage, die sich letztlich noch stellt, ist, ob der Jagdpächter für ein ausgemähtes Kitz Schadensersatz verlangen kann. Eine solche Schadensersatzpflicht hat das Landgericht Trier im Jahr 2005 angenommen und dies damit begründet, dass ein Eingriff in das Jagdausübungsrecht vorliegt und der Jagdpächter dann Schadensersatz geltend machen kann. Auf Grundlage dieser Entscheidung kann ein Jagdpächter versuchen, Schadensersatz zu verlangen. Auf einen gerichtlichen Prozess für einen etwaigen Schaden würde ich es jedoch nicht ankommen lassen. Dies liegt daran, dass diese Entscheidung nur bedingt überzeugt. Schon die Annahme, dass ein Eingriff in das Jagdausübungsrecht vorliegt, dürfte zweifelhaft sein. Es kann nicht in Abrede genommen werden, dass der Landwirt berechtigt ist, seine eigenen Flächen zu befahren und zu bewirtschaften. Dazu gehört auch das Mähen von Wiesenflächen. Also das bloße Mähen von Wiesen kann danach keine Beeinträchtigung des Jagdausübungsrechtes sein.