Doch zurück zum aktuellen Erlebnis: Ich hocke unter einer kleinen Eiche in einem Graben im hohen Gras und warte auf das erste Tageslicht. Als die ersten dunkelgrauen Konturen erkennbar werden, erschrecke ich mich fast zu Tode: Eine schwarze Gestalt mit riesigen Schwingen kreist völlig lautlos in Hüfthöhe über meinem Lockbild, inspiziert kurz jede einzelne Lockkrähe und schwebt wieder ohne einen Ton davon – hier hat ein Uhu erkundet, ob die dunklen Brocken auf der Erde nicht vielleicht leichte Beute sind und ist enttäuscht weitergeflogen.

Apropos: Heute kaum noch zum Einsatz kommt das feindliche Lockbild, die Hüttenjagd mit dem „Auf“, einem fixierten Uhu. Den Einsatz eines lebenden Uhus verbietet heute natürlich das Tierschutzrecht, doch welch magnetische Wirkung dieser große Nachträuber auf Krähen hat, erlebte ich vor längerer Zeit bei einer Falknershow: In kürzester Zeit sammelten sich große Scharen wütender Krähen um die kapitale Eule. Tipp: Wer es einmal probieren mag, findet in einer alten Dorfkneipe vielleicht noch einen verstaubten, ausgestopften Uhu, den er dem Wirt abhandeln kann…

Wer auf anfliegende Krähen anlegt, kann feststellen, dass diese erstaunlich schusshart sind und bei Treffern auf die Schwinge völlig unbeeindruckt weiterfliegen. Das ist besonders fatal, wenn der erste Aufklärer, der einem Verband vorausfliegt, nicht sofort erlegt wird, sondern zu seinen Kollegen zurückkehrt und meldet, dass hier Gefahr droht. Dann kann man im Grunde einpacken und gleich nach Hause fahren, bevor die Zehen kalt werden.

Wenn dann doch noch eine passable Strecke liegt, freuen sich Landwirt, Hasen und Kiebitze. Seit Jahren fordern Bauern- und Jagdverbände, dass der anachronistische Schutz der Saatkrähe endlich aufgehoben wird und auch diese wieder bejagt werden kann. Nachdem im Frühjahr Berichte über katastrophale Totalausfälle bei manchen Agrarkulturen in einigen Bundesländern durch Saatkrähen, sowie totgepickte Weidelämmer durch die Medien gingen, könnte in dieser Hinsicht vielleicht endlich Bewegung in die Politik kommen…


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