Sofort ab der Reviergrenze sondierte ich wie immer noch während der Fahrt aus dem Auto per Wärmebild die frischen Stoppeläcker, nach nicht einmal 200m zischte ich „Da steht schon die erste!“, ohne allerdings von dem Vater-Kind-Gespann auf den Vordersitzen ernst genommen zu werden. „Hallo? Anhalten, da steht eine!“, erst im zweiten Versuch fand ich Gehör. Ich sprang aus dem Auto, rannte ein paar Meter zurück und – tatsächlich, ein einzelner Überläufer schaukelte sich suchend durch das ehemalige Halmenmeer. Völlig überrumpelt rumorte es vorne und hinten im Auto. Dirk versuchte, völlig überrascht von einer solchen Blitzaktion, seiner Ausrüstung Herr zu werden, Lena brabbelte irgendwelche letzten Tipps auf ihn ein, die 4 Hunde und Karla zitterten um die Wette vor Aufregung und ich sollte alle beruhigen, um eine vernünftige Pirsch hinzubekommen – Halleluja.

Der starke Regen und die Auserwählte erleichterten das Ganze auch nicht gerade. Der eine peitschte uns, immerhin mit günstigem Wind, fast waagrecht ins Gesicht, die andere war ein wenig nervös und eilte dem nahen Wald entgegen. Also musste ich fast hinterher rennen, was natürlich auch nicht gerade zur Beruhigung meines Jagdgastes führte, der kein Gerät hatte und alles geben musste, um quasi blind an mir dran zu bleiben und gleichzeitig die Reste seiner Ausrüstung parat machen zu können. Immer, wenn ich schauend kurz anhielt, schaffte er zwar den Anschluss, ich brauchte aber nur einen halben Atemzug, um „Is noch da!“ rauszupressen und rannte dann weiter, da das Überläuferchen der Waldkante gefährlich nahe kam. Ich wette 10:1, dass mein Pirsch-Azubi mich für völlig bekloppt hielt, aber da wäre er je ohnehin nicht alleine.

Dann aber tat uns das Schweinchen den Gefallen, sich zu beruhigen und den Acker wohl doch irgendwie schön zu finden, jedenfalls machte es kehrt und nuschelte sich auf den Stoppeln ein – perfekt! Der helle Hintergrund ließ bereits erste Zielversuche vom Zielstock aus zu – nein, weiter! 10 Schritte, neuer Versuch – weiter! 15 Schritte, neuer Versuch – hinter einem Rundballen verschwunden, Deckung ausnutzen und weiter! Jetzt! „Haupt nach links! Mist, spitz, warten!“ Wieder ein Rundballen, weiter! Jetzt aber! „Haupt immer noch limks!“ KLICK war irgendwie das falsche Geräusch, gesichert – „Immer noch links!“ Jetzt knallte es zur hellen Freude der Schwestern im Auto gewaltig. Im Gerät sah ich die Sau hinten einknicken, „Nachladen, nachladen!“, dann sprang sie auch schon an uns vorbei. Ich konnte aber bei jedem Sprung deutlich Schweiß spritzen sehen, bevor sie neben uns in den Wald krachte. Schade, dass ich kein Photo gemacht habe, aber jetzt sah ich Dirk zum ersten Mal wirklich verdaddert. Wir waren vielleicht 7 Minuten im Revier, 4 davon gepirscht, und er hatte seine erste Nachtpirschsau liegen! Das war vielleicht ein Hallo und ein Waidmannsheil!

Foto: Martin Ruffert


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