Die Herren der Schöpfung hatten weisungsgemäß eingekauft und so konnte der erste Punkt der Liste der Lieblingsgerichte zu Mittag abgehakt werden. Rehkeule mit Rosenkohl, Kartoffeln und Sauce. Mit vollen Mägen und einem satten Lächeln auf den Lippen betteten sich die Jungs zum wohlverdienten Mittagsschlaf, wollten wir doch am Abend endlich gemeinsam ins Revier und das dort gesichtete und gefährtete Rotwild belauern.

Ausgeschlafen ging es am späten Nachmittag mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen los in den Wald, die Freigabe wurde besprochen, die Sitze vergeben und besetzt. Zur Freigabe - die all das umfasste, was das Jagdrecht zu dieser Jahreszeit erlaubte - kam also für mich, vollkommen überraschend, auch noch Rotspießer und Schmaltier hinzu. Klar hatte ich mich zu Hause belesen und auch nochmals genau nachgefragt, aber so richtig sicher ist man sich ja nie - ich jedenfalls nicht. Dann auch noch in einem ganz fremden Revier mit bleifreier Munition - alles in Allem ziemlich viele Premieren für mich. Aber nun, wer nicht wagt, der nicht gewinnt und ich war ja nicht nur zum Anschauen von Wild gekommen. Der Sitz war vielversprechend an einem Krähenfuß gelegen. Die Vögel zwitscherten, die Luft war frühlingshaft lau und ich war frohen Mutes. Natürlich passierte nichts. Vögel, viele Vögel und noch mehr Vögel, ich will das Eichhörnchen nicht unterschlagen und auch nicht den kleinen Hasen. Ich gehe mittlerweile davon aus, dass ich in meinem ersten Leben entweder Ornithologe oder selbst ein Vogel gewesen sein muss, so sehr wie diese gefiederten Freunde mich mit Ihrer Anwesenheit beehrten. Doch wie lautet noch einer dieser vielen weisen Jägersprüche: Hat der Jäger nicht geschossen, hat er die gute Luft genossen.

Der männliche Teil der kleinen Jagdgruppe war erfolgreicher gewesen und so lag am Abend ein Jährling und ein Schmalreh auf der Strecke. Flugs wurden die Stücke an der Wildkammer versorgt und verblasen und nach einem alkoholfreien Bier fuhren wir zurück in unsere Wohnung. Die Nacht war kurz. Wir verbrachten den ersten Abend mit dem Erzählen von Jägerlatein und damit, uns besser kennenzulernen. Bei einem Altersunterschied von 20 und mehr Jahren, für mich immer wieder sehr spannend.


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