Es kommt ein Verstoß gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 TierSchG NRW in Betracht. Dabei handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet wird. Das setzt nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 TierSchG NRW das absichtliche Behindern des Fangens von Wild voraus. Durch das Freilassen der Tiere wurde das Fangen, das auch das vorübergehende Festhalten als Sicherungsmaßnahme erfasst, absichtlich durch Freilassung behindert.

Denkbar erscheint mir auch ein Verstoß gegen § 69 Abs. 1 BNatSchG. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Ordnungswidrigkeit. Voraussetzung ist, dass wild lebende Tiere entgegen § 39 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG beunruhigt werden. Bei den Rehkitzen handelt es sich um wild lebende Tiere. Eine Beunruhigung im Sinne der Vorschrift liegt bei einer Störung des Tieres in seiner natürlichen Lebensweise vor.

Das ist eher schon der Fall, wenn mal wieder querfeldein gestiefelt wird. Oft hört man die Meinung, man dürfe ja überall herlaufen, sporteln oder mit dem neuen Mountainbike fahren.

Dazu darf man feststellen: Das ist nicht so.

Es macht Sinn, sich diese Vorschriften mal durchzulesen als Argumentationshilfe, falls es darauf ankommt. Aber nun Schluss mit dem Exkurs, zurück zum Fall.

Eine Strafbarkeit gem. § 71 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG scheidet jedenfalls deshalb aus, weil es sich bei Rehkitzen nicht um streng geschützte Arten im Sinne des § 7 Nr. 14 BNatSchG handelt.

Ist das vielleicht Wilderei?

Nein, denn eine Strafbarkeit nach dem Wilderei-Paragraphen § 292 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 StGB ist wenig wahrscheinlich, da die vermeintlichen Kitzretter sich durch die Freilassung der Rehkitze gerade nicht das Jagdrecht aneigneten (Nr. 1) – und damit auch nicht in das Recht des Jagdausübungsberechtigten eingegriffen haben -, sich die Tiere auch nicht zueigneten (Nr. 2), (da dafür mindestens eine vorübergehende Besitzbegründung notwendig gewesen wäre, was bei einem Wegtragen des Kitzes im Rettungskorb allerdings der Fall gewesen wäre).

Ein Zerstören oder Beschädigen (Nr. 2) wird juristisch wohl auch eher abzulehnen sein, da das Delikt nur in der vorsätzlichen Variante strafbar ist.

Wie oben geschildet, wird der Vorsatz in Bezug auf eine Verletzung wohl verneint werden müssen. Die Strafbarkeit der fahrlässigen Begehung muss ausdrücklich angeordnet sein, damit diese strafbar ist (vgl. § 15 StGB), was jedoch für § 292 Abs. 1, 2 StGB nicht erfolgt ist. Weiter will ich hier nicht in die Tiefe gehen. In der Einzelfallprüfung wird das im Einzelnen juristisch am konkreten Fall natürlich überprüft.

Eine Sachbeschädigung nach § 303 Abs. 1 StGB ist zwar auch an Tieren möglich, da das Gesetz in Bezug auf die Anwendung rechtlicher Vorschriften Tiere Sachen gleichstellt (§ 90 S. 3 BGB). Allerdings ist auch die Sachbeschädigung nur in der vorsätzlichen Variante strafbar.


Laden...