Ich empfand dies als etwas zu optimistisch, immerhin hatte ich den Hirsch noch nicht liegen gesehen, wenn er denn überhaupt lag. Mein Freund war da zuversichtlicher und ich hoffte innständig, dass er recht behalten sollte.
Zwischenzeitlich rief ich Christine an, welche weiter von uns weg saß und das zweite Auto dabeihatte. Ich berichtete ihr vom erlegten Kalb und von meinem Schuss auf einen achter Hirsch. Wir baten sie, zu meiner Kanzel zu kommen, um uns dann später helfen zu können.
An meiner Kanzel angekommen, holten wir wiederum den treuen Begleiter meines Freundes und begaben uns zum Anschuss. Mein Freund stellte mich auf dem Fahrweg ab, falls der Hirsch doch nur verletzt sei und die Flucht in die Fichtendickung ergreifen sollte. Er verschwand mit dem Hund in der sehr engen Buchenverjüngung und ich vernahm Knacken und Schniefen.
Jedoch dauerte dies nicht lang und ich hörte ihn meinen Namen rufen. Also stürzte ich los in die Richtung der Rufe und konnte meinen Freund schnell ausfindig machen, gebeugt über den erlegten Hirsch. Als ich auf 5 m ran war, drehte er sich um und schaute mir sorgenvoll ins Gesicht mit der Bemerkung: „Ach du Sch…“.
Ich war der Ohnmacht nahe, habe ich mich also doch verzählt und einen Fehlabschluss getätigt? Sein Gesicht begann sich aufzuhellen mit der Bemerkung: „Ach du Sch…., ist das ein prächtiger Achter!“ Was für eine Last fiel mir von der Brust und die Freude überrannte mich von hinten. Wir lagen uns in den Armen und freuten uns über meinen ersten mehrendigen Hirsch.
Nun begann der Plan der Bergung, welche leider nur nach oben in Richtung Fahrweg gehen konnte. Wir waren uns einig ihn erst einmal aufzubrechen, um etwas Gewicht zu verlieren. Also erst einmal zurück zum Auto und Messer und Bergeriemen geholt. Eigentlich hätte Christine längst da sein müssen, war sie aber nicht. Ein kurzer Anruf brachte Licht ins Dunkel. In ihrer großen Aufregung über meinen ersten Achter, war sie zum Treffpunkt des Pirschweges, statt zur Kanzel gefahren und wunderte sich, dass wir nicht dort auf sie gewartet haben. Nun machte sie sich aber schnell auf den richtigen Weg.
Selbst nach dem Aufbrechen erwies sich die Bergung als sehr schwierig. Der steile Hang, die eng stehenden Jungbuchen und das viele Totholz erschwerten den Fortschritt der Bergung. Nun kam auch Christine hinzu und brachte uns noch eine Bergeplane mit. Dank ihrer Hilfe und der Plane hatten wir den Hirsch nach 30 Minuten auf dem Fahrweg.
Wir alle waren schweißgebadet und überglücklich. Nun erhielt ich meinen Erlegerbruch und wir ehrten den Hirsch entsprechend. Ein wunderbarer Jagdtag, einer von denen, die man sein ganzes Leben in Erinnerung behalten wird, ging zur Neige und selbst im Bett bekam ich das Schmunzeln nicht von meinem Gesicht.