Ich saß nun etwa eine Stunde, als ich links von mir ein lautes Knacken aus der Buchenverjüngung vernahm.
Da die linke Schneise nur 20 m schmal war, entschied ich mich schon einmal in den Anschlag zu gehen, denn viel Zeit zum Ansprechen würde nicht bleiben, im Falle eines passenden Stückes. Was ich auf keinen Fall erleben wollte, wäre ein Fehlabschuss, weil aus einem vermeintlichen Achter, dann doch noch ein ungerader Eissprossenzehner würde.
Es waren kaum 10 Sekunden vergangen, da trat tatsächlich ein junger Hirsch auf die Schneise. Der Blick durch das Zielfernrohr ließ mich links vier Enden zählen und rechts schien es auch so zu sein.
Jedoch wollte ich sicher sein und wartete noch. Mein Puls stieg und das Herz schlug schneller! Ein leichtes Drehen des Hauptes bestätigte meine Vermutung und schon brach der Schuss.
Fast gleichzeitig brach auch ein Schuss aus der Richtung meines Freundes. Der Hirsch machte eine Kehrtwendung um 180° und flüchtete unter krachendem Geräusch zurück in die Buchenverjüngung, wo aber ziemlich rasch nichts mehr zu vernehmen war.
Mit zitternden Händen versuchte ich nun meinen Freund anzurufen. Dieser berichtete mir, dass er ein Alttier mit Kalb im Anblick hatte und fast zeitgleich mit mir auf das Kalb geschossen habe. Leider begann dieses eine Flucht und er konnte es nicht mehr sehen.
Ich berichtete ihm von meinem Hirsch und dass dieser wohl in der Buchenverjüngung läge, ich mir aber auch nicht ganz sicher sei. Natürlich zogen nun auch unschöne Gedanken in meinen Kopf und die Angst, mich doch verzählt zu haben, welche ich auch weitergab.
Wir beschlossen dennoch, dass ich zuerst zu ihm gefahren komme und wir mit Hilfe meiner damals gerade erworbenen Wärmebildkamera und seinem auf Schweiß prächtigen Hund, die Nachsuche auf das Kalb angehen wollen. Bei ihm angekommen begannen wir vom Anschuss die Nachsuche in das Altholz, welches sich bergab zog. Der Blick durch die Wärmebildkamera ließ ein Signal in 60 m erkennen und auch der Hund zog am Riemen in diese Richtung. Das Kalb lag und wir waren sehr froh und tauschten Waidmannsheil und Waidmannsdank, natürlich mit Erlegerbruch, in alter Tradition.
Der Schuss saß etwas tief, was wohl dem abfallenden Gelände geschuldet war und dem Schreck, den mein Freund erfuhr, als er meinen Schuss hörte. Wir beschlossen nun mit dem Auto den Anhänger zu holen und dann die Fahrt zu meiner Kanzel anzutreten.