Und immer immer wieder geht die Sonne auf und wieder bringt der Tag ein neues Glück“ sang Udo Jürgens voller Zuversicht.

Das gilt nicht für mich, also weder das mit der Zuversicht noch das mit dem Glück morgens. Ich bin bekennender Morgenmuffel und es grenzt an seelische Grausamkeit, wenn der Wecker morgens zu Zeiten klingelt, die vorne mit einer 3 oder 4 beginnen. Aber da nun der 1. Mai im Kalender stand und ich mir diesen besonderen Morgen nicht entgehen lassen wollte, musste mein geschundener Körper ja in die Aufrechte.

Außerdem hatten wir Besuch, meine Freundin Sandra war da und das erste Mal am 1. Mai auch bewaffnet. Der seit November frisch gelöste erste Jagdschein und die neue Waffe sollten doch nicht nur zur Zierde dabei sein.

Und weil das nicht-erlegen von Wild ja auch so etwas wie Tradition ist, frühstücken wir alle beutelos. Der 2. Mai verläuft ähnlich. Der 3. Mai ist ein Arbeitstag für mich. Meine Lebensabschnittsgefahr Philipp hat schon Urlaub und seine senile Bettflucht treibt ihn in den Wald. Gegen halb 6 klingelt mein Telefon und er vermeldet, er habe ein Stück Schwarzwild beschossen, fände es aber nicht. Also über den Schlafanzug die Jagdklamotten geworfen, Gummistiefel an, König Rudi ins Auto und los. Meine zu Schlitzen geöffneten Augen können während der Fahrt ins Revier nur blinzeln und gewöhnen sich nur langsam an das gleißende Licht des Morgens.

Am Anschuss finden wir drei Tropfen Lungenschweiß und schon hat Rudi die Fährte angenommen. Auf der gesamten Suche findet sich kein weiterer Tropfen Schweiß, aber als der alte Mann nach etwa 120 m in einem bürstendicken Fichtenanflug verschwindet und bellt, wissen wir-die Sau liegt. Wie schön, dein guter Auftakt! Der Abend bringt einen sehr schwachen Jährling für Philipp und am Morgen des 4. Mai kann Sandra nach 15 Minuten des morgendlichen Genießens des schalmeienden Vogelgezwitschers ebenfalls einen Bock strecken. Wie schön, und nun zeitnah wieder heim ins Bett!

Ab diesem Zeitpunkt reiben die zwei Salz in meine klaffende Mai-Wunde. Und sie reiben recht grobkörniges Zeug. Es darf an dieser Stelle bitte nicht der Eindruck entstehen, als sei ich jagdneidisch-das auf keinen Fall! Ich bin halt schlecht im Abwarten, bis ich an der Reihe bin, dass Diana, Hubertus oder wer auch immer für die Entsendung von Wild zuständig ist, es gut mit mir meint.


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