Der erste Jagdmorgen startet früh und sagen wir mal leicht chaotisch. Bis jede alles hat, man weiß ja auch nicht so genau, was man so alles braucht - regnet es oder nicht, soll man noch Wechselwäsche mitnehmen, wo ist eigentlich mein Stirnband, oh, du hast einen Rucksack, wie praktisch- vergehen bange Minuten, in denen durch unsere Reiseleitung jäh zur Eile und zur Abfahrt gemahnt wird und so erreichen wir fröhlich, ausgeruht und dem blühenden Leben gleichend pünktlich unseren Treffpunkt.

Dort stehen sie, aufgereiht wie die Zinnsoldaten, und es hat ein bisschen den Charme eines Blind-Dates. Katja darf die nächsten Tage mit Crock verbringen, Nicole hat Willie an ihrer Seite, Steffi geht mit Oisin (sprich: Uschiiieeehn), Alena hat Chefarztbehandlung durch Norman gebucht, um mich kümmert sich Ryan.

Und los geht’s: unser Jagdtransporter rumpelt über die kleinen Straßen und Wege durch die Dämmerung. Wir halten, Ryan drückt mir sein Gewehr in die Hand und wir stiefeln durch die Stille. Der Weg führt über Weidezäune und –tore, ich lobe mir mein zu Hause von meinem Herzkäfer top gefettetes Schuhwerk, das weder den nach Boviden stinkenden Modder, noch das durch den Regen stehende Wasser eindringen lässt. Im Gänsemarsch wackeln wir über die buckeligen Weiden am Waldrand entlang. Plötzlich ein Schrei, der mir das Blut in den Adern gefrieren lässt. Ich bleibe wie angewurzelt stehen und bin mir sicher, dass sich in der nächsten Sekunde die Erde vor mir auftut, der Teufel emporfährt und mir zuruft „Meister, endlich, ihr seid zurückgekehrt!“. Mein Gesicht muss dermaßen dämlich ausgesehen haben, dass Ryan sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Die Erklärung war natürlich ganz einfach- ein weibliches Sika hatte uns eräugt und einen Warnruf ausgestoßen. Wäre der Jagdurlaub an dieser Stelle zu Ende gewesen, ich wäre sicher nicht traurig oder enttäuscht nach Hause gefahren. Der erste Jagdmorgen zu Ende, wir treffen uns an unserem morgendlichen Abfahrtspunkt und es sprudelt nur so aus uns heraus. Die anwesenden Herren sind sichtlich irritiert ob unserer Wortgewalt und ziehen sich ganz nach Gentlemen-Art zurück.

Am Abend regnet es. Ryan gibt an, er habe die Hoffnung, dass wir auf einem Hochsitz an einer Schneise Erfolg haben könnten. Hatte ich erwähnt, dass es regnet? Nein? Also es regnet.

„Wenn du dich gut fühlst und einen sicheren Schuss antragen kannst, dann schieß!“


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