Die Kritik fällt direkt aus, aber sachlich und vor allen Dingen konstruktiv. Hier geht es nicht darum Eitelkeiten zu bemühen, sondern die Leistung von Hund und Führer zu reflektieren. Dies wird auch von den Lehrgangsteilnehmern dankbar angenommen, die Botschaften kommen an und zeigen wo noch Handlungsbedarf besteht. „Grundlage ist die eingeübte, sich wiederholende Choreografie, das Untersuchen des Anschusses und immer Riemen, Riemen, Riemen geben.“ Sie erinnert an Punkte auf der Schweißfährte, wo der Hund abkam oder zu Unrecht korrigiert wurde, wo ihr Schwachstellen aufgefallen sind aber genauso erwähnt sie natürlich, was gut gehandhabt wurde. So sorgt ein optimal gearbeiteter Haken, ein kurz vorgestandenes Wundbett des Deutsch-Langhaars oder das selbstständige Wiedereinpendeln nach kurzem Faseln besonderes Lob. „Wenn ein Teilnehmer bei der Manöverkritik mir widerspricht habe ich absolut kein Problem damit. Ich diskutiere gerne alles aus,“ schmunzelt Lea.
Mit der Leistung des diesjährigen Kurses ist sie aber unterm Strich sehr zufrieden: „Es sind starke Hunde dabei und erfahrene Führer. Ein ortsansässiger Deutsch-Langhaar-Züchter ist mit seinem Wurf vertreten, so intensiviert sich der Austausch zwischen Jägerschaft und Zuchtzwinger.“ Die Welpenvermittlung an Jäger in der Region und die Ausbildung vor Ort werden begrüßt, schließlich ist den Züchtern daran gelegen, die Entwicklung ihrer Welpen verfolgen zu können.
Bei der nächsten Fährte übernimmt sie den Deutsch-Drahthaar Gustav vom Rühlskopf, gerufen „Golo“, von einem befreundeten Hundeführer, der sich nach einer OP noch schonen muss.
„Ich arbeite gerne mit fremden Hunden, so kann ich meine eigenen Methoden auf Allgemeingültigkeit überprüfen. Außerdem erweitert sich so stetig der Horizont, wenn man mit verschiedenen Rassen, Charakteren und individuellen Eigenschaften die gleichen Arbeitsschritte durchgeht.“
Sie zieht dem Hund das Schweißgeschirr an, legt ihn wenige Meter vom Anschuss entfernt ab. „Grundgehorsam ist hier gefragt“, kommentiert sie, „den haben wir ja während des ersten Lehrgangs von März bis Juni ausreichend auf dem Hundeplatz geübt.“ Sie untersucht den Anschuss, sucht Augenkontakt mit dem jungen Drahthaar und holt ihn dann ab, um gemeinsam zum Anschuss zu gehen. „Das erste was ich mache, ist immer Riemen lassen, damit der Hund alles drum herum absuchen kann. Der Hund muss entscheiden wo lang es geht und alle anderen Möglichkeit untersuchen und ausschließen dürfen. Wenn du ihn jetzt schon kurzhältst und bei der vermeintlich richtigen Richtung mitläufst, hat der Hund nur die Hälfte gelernt“, kommentiert sie für uns und den Hundeführer.
Sie hat mit dem kräftigen Rüden eine schwere Zeit und legt ihn öfter ab, um auf den letzten Schweiß zurückzugreifen und den Hund neu anzusetzen. Der Führer läuft verärgert mit den anderen Zuschauern mit und beobachtet kritisch seinen ersten Jagdhund auf seiner zweiten Schweißfährte. „Der weiß nicht was er machen soll, Lea,“ wendet er sich an sie als der Rüde den zweiten Winkel der Fährte nicht sauber ausarbeitet. Die junge Ausbilderin bleibt stehen, hält den Riemen fest und lässt den Schwarzschimmel „austraben“ wie sie es nennt. Bis er dann schließlich den Abgang findet und dafür in Quietsche-Stimme gelobt wird. Am Ende angelangt wartet eine getrocknete Wilddecke, die morgens ausgelegt wurde. Diese wird kräftig gebeutelt, der Rüde zeigt seine ganze Energie und Leidenschaft. Außerdem wurde ein Glas mit Fleischwurst vorbereitet, welche der Hund nach kräftigem Lautgeben, sitzend auf der Decke zur Belohnung erhält. Wieder Leinenwechsel, wieder Manöverkritik. Der säuerliche Hundeführer wird eines Besseren belehrt, der Hund wisse sehr wohl, was er zu tun habe. Er habe sich meistens selbst korrigiert, außerdem gehe der Hund vergleichbar langsam als hochläufiger Vorsteher.
Nicht ganz überzeugt, aber sichtlich weniger pessimistisch nimmt der Besitzer die Worte an. Er weiß, er hat noch viel Übung vor sich, doch sein Hund wird es schaffen, sie werden es gemeinsam schaffen.