Schwarzwildjagd mit Nachtsicht und Wärmebild
Tests

Schwarzwildjagd mit Nachtsicht und Wärmebild

Text: Johannes Maidhof
Bilder: Christopher Trepesch, Julia Kerner

Lahoux Spotter pro + 35 und Nachtsichtvorsatzgerät LV-81 im Praxistest

Darf er das? Ja er darf. Schon seit mehreren Jahren ist es in Bayern möglich, auf legalem Wege mit Vorsatzgeräten zu jagen. Dies kommt durch eine amtliche Beauftragung im Sinne des § 40 Abs. 2 Waffengesetz zustande, nach dem waffenrechtliche Verbote nicht anzuwenden sind, soweit jemand auf Grund eines behördlichen Auftrags tätig wird. Diesen, sowie die jagdrechtliche Ausnahmegenehmigung nach Art. 29 Abs. 5 Satz 2 Bayerisches Jagdgesetz, können die unteren Jagdbehörden erteilen. Somit waren wir in der Lage, die Testgeräte der holländischen Firma Lahoux Optics, das Wärmebildgerät Spotter Pro + 35 und das Nachtsichtvorsatzgerät LV-81 auf legalem Wege in der Praxis zu testen.

Technische Hilfsmittel zur Nachtjagd sind heiß diskutiert, meist jedoch an der Sachlichkeit vorbei und mit Totschlagargumenten. Die ethische und moralische Betrachtung dieser Jagdweise muss jeder für sich selbst beantworten. Generell scheinen in Sachen Nachtsicht- und Wärmebildtechnik schnell Meinungen gebildet zu werden, ohne über genaues Wissen zu verfügen.

Wärmebild und Nachtsicht – Theorie und Praxis

Wärmebild- und Nachtsichttechnik unterscheidet sich auf den ersten Blick schon einmal im deutlichen Preisgefälle. Bei den Beobachtungsgeräten sollte man schon 2.000 € mindestens investieren, um sich ein Wärmebildgerät anzuschaffen, digitale Nachtsichtgeräte, die für Beobachten und Ansprechen auf Kirrungsdistanz locker ausreichen, sind bereits für wenige hundert Euro zu haben. Was die Vorsatzgeräte angeht, so liegt der Einstiegspreis für Wärmebild bei gut 3.000 €, für Nachtsicht kann man für 1.000 € weniger schon ein praxistaugliches Set aus Duale-Use-Gerät, Infrarotlaser und Zielfernrohradapter bekommen.

In jüngster Zeit erhielt Wärmebildtechnik einen richtiggehenden Hype, auf dem Markt der Beobachtungsgeräte hat sie der Nachtsichttechnik schon den Rang abgelaufen. In Sachen Vorsatzgeräte ist sie auf gutem Wege, die meisten Hersteller bieten sowohl Restlichtverstärker als auch Wärmedetektoren zur Montage an das Zielfernrohr an. Die wenigsten Nutzer haben jedoch die Möglichkeit zum Vergleich unter reellen Bedingungen. Im Laden oder der Messehalle können feilgebotene Geräte schnell überzeugen, aber eben unter Umständen auch einen falschen Eindruck vermitteln.

Doch in der Praxis zeigen sich schnell Unterschiede. Mit der Wärmebildtechnik lassen sich nicht alle Hindernisse, die möglicherweise vor dem Ziel liegen, entdecken. Um seine ihm zugedachte Wirkung aber ordnungsgemäß zu entfalten und damit letzten Endes tierschutzgerecht zu töten, benötigt ein Geschoss eine freie Flugbahn. Ein Umstand, der klar für die Nachtsichttechnik spricht, wenn es um Vorsatzgeräte geht. Auch im Test kam es des Öfteren vor, dass man mit dem Wärmebild-Spotter ein Stück Wild erkennen konnte, das durch Vegetation mit dem Nachtsichtgerät aber nicht auszumachen war.

Zum Beobachten hingegen bietet Wärmebildtechnik viele Vorteile. Schon beim Angehen des Hochsitzes, kann man sich mit einem schnellen Blick Gewissheit verschaffen, dass nicht schon Wild ausgetreten ist, dass man anpirschen könnte, oder dass einen beim Angehen des Sitzes verraten würde. Man kann viel angenehmer und in viel kürzerer Zeit eine viel größere Fläche überblicken, als mit Nachtsicht oder gar einem normalen Fernglas. Besonders bei der Pirsch ist ein Wärmebildgerät deshalb sehr von Vorteil und auch nach dem Schuss lässt sich Wild, dass nicht direkt am Anschuss liegt, gut ausmachen, sofern es keine Dickung angenommen hat.

Die Kombination aus beidem, also Wärmebild zum Beobachten, Nachtsicht zum Schießen, ist deshalb das Mittel der Wahl und hat sich auch in diesem Test wieder als praxistauglichste Lösung herausgestellt.

Wärmebildgerät Spotter pro + 35

Das handliche Gerät in Tubusform passt bequem in die Jackentasche und lässt sich durch die auf der Oberseite in Reihe liegenden Knöpfe mit einer Hand bedienen. Es verfügt über einen stromsparenden Standby-Modus, vier Betrachtermodi (Wärme = schwarz / Wärme = weiß / Wärme = rot / Multifarben) und zwei digitale Zoomstufen (2x und 4x). Mit dem Spotter können Video und Fotoaufnahmen gemacht werden, über Wifi lässt sich das Gerät mit dem Handy verbinden und ermöglicht den Datentransfer mittels firmeneigener App (Android und iOS) bis zu einer Entfernung von ca. 50 m.

Das Menü ist sehr schlank und dadurch benutzerfreundlich, prinzipiell sind keine eigenen Einstellungen notwendig, das Gerät kann ausgepackt, eingeschaltet und benutzt werden. Etwas nervig war jedoch die automatische Kalibrierung, diese kann jedoch im Menü einfach abgeschaltet werden.

Der Akku wird über ein handelsübliches USB-Kabel geladen, der Akku ist fest verbaut. Eine Powerbank, die im Handyzeitalter sowieso als Reserve immer dabei ist, schafft Abhilfe, wenn der Akkustand sich dem Ende neigt. Dafür muss man aber schon mit fast leerem Akku zum Ansitz fahren, denn die Laufzeit mit 4 Stunden im Dauerbetrieb reicht bei maximalem Ladezustand normalerweise völlig aus.

Mit 2.478,00 € ist das Spotter + kein Einsteiger-Gerät mehr, sondern eher ein Allrounder der Mittelklasse. Sowohl für die Jagd im Wald und auf Kirrungsdistanz, als auch pirschend im Feldrevier gut geeignet. Ohne viel technisches Brimborium, dafür mit einfacher Bedienbarkeit, ist das Wild gut zu erkennen und sauber anzusprechen. Die Abbildung auf dem 720 x 540 Pixel großen FLCOS Display ist scharf und deutlich, der digitale Zoom verringert die Schärfe natürlich.

Im Zuge der Modernisierung hat Lahoux den Spotter mit der 35 mm Linse weiterentwickelt und den Spotter Elite 35 auf den Markt gebracht. Dieser arbeitet ebenfalls mit Vox Sensor und einer Frame Rate von 50 Hz. Der Monitor wurde aber vergrößert und zeigt Bilder nun mit einer Auflösung von 640 x 480 Pixel bei einer Pixelgröße von 17µm an.

Technische Daten:

Auflösung: 384×288, VOx

Pixelgröße: 17 μm

Frame Rate: 50Hz

Kalibrierung: Mechanische Kalibrierung

Objektiv: 35mm

Vergrößerung: 1x, 2x, 4x

Abmessungen: 180 x 65 x 65 mm

Gewicht: 420g

Batteriedauer: 4 h Dauerbetrieb, interner Lithium-Ionen-Akku

Temperaturbereich: -20 °C bis 50 °C

Lieferumfang: Tasche, Schnellstart-Anleitung, USB Kabel mit Netzadapter, Videokabel

Vorsatzgerät LV-81

Nun hilft einem das tollste Beobachtungsgerät nichts, wenn man das zweifelsfrei angesprochene Wild nicht ins Zielfernrohr bekommt. Das Vorsatzgerät LV-81 ist ein Restlichtverstärker, der mit Röhren des Herstellers Photonis ausgestattet ist. Dabei ist Lahoux Optics, nach eigenen Angaben, das einzige Unternehmen, dass die Echo PLUS Bildverstärkerröhre mit einem Wert von bis zu 2.000 FOM (Figure of Merit) für den zivilen Markt verbaut. Mittels eines Schnellspannadapters kann das Lahoux LV-81 einfach und unkompliziert am Objektiv von Kamera, Fernglas oder Zieloptik angebracht werden. Zusätzlich ist es mit einer Montage-Schiene für die Anbringung von Zusatzbauteilen wie beispielsweise einem IR-Aufheller ausgestattet. Für bis zu 85 Stunden Betriebsdauer sorgt eine CR123 Batterie. Für den Betrieb ohne externe Lichtquelle kann die Helligkeit der Röhre mittels EGAC (Manual Gain) angepasst werden. Je nach verbauter Röhre kostet das LV-81 in der einfachsten Version 3.545 € bis 8.835 € in der High-End-Ausstattung.

Nach einer Stunde Betriebsdauer unterbricht die Abschaltautomatik die Stromzufuhr und hilft so Energie zu sparen. Besonders nützlich ist das sogenannte Auto-Gating: Bei Lichteinfall ins Objektiv schaltet sich die Röhre selbst ab. Dies schützt zum einen vor Defekt (Lichteinfall bei Röhrengeräten unbedingt vermeiden!), bewahrt zum anderen das Auge aber auch bei nächtlicher Schussabgabe vor Überblendung durch den Mündungsblitz. Das beschossene Stück kann unmittelbar nach Schussabgabe also beobachtet werden, um Zeichnen oder Fluchtrichtung nachzuvollziehen.

Bei Vorsatzgeräten ist ein Kontrollschuss obligatorisch, dieser wurde vor der ersten Anwendung zur Jagd abgegeben und zeigte keine Veränderung des Treffersitzes. Auch während des Testzeitraumes immer wieder durchgeführte Probeschüsse bestätigten die Wiederholgenauigkeit des mittels Rusan-Adapters montierten Gerätes.

Ansprechen und vor allen Dingen sauber schießen war ohne Probleme möglich, der weiteste Schuss wurde auf 97 m angetragen. Zu beachten ist allerdings, dass die Vergrößerung des Zielfernohres 6fach nicht übersteigen sollte, dann bekommt das Bild eine starke Unschärfe. Da hilft dann auch das gut erreichbare Verstellrad an der Oberseite des Gehäuses nicht weiter, dass ansonsten eine tadellose Scharfstellung ermöglicht.

Mit einer Länge von über 21 cm und mehr als 700 g Gewicht ist das LV-81 kein Leichtgewicht. Auf dem Ansitz kein Problem, so muss man sich auf der Pirsch schon überlegen, ob man das Gerät im montierten Zustand mitschleppen möchte. Die im Lieferumfang enthaltene Umhängetasche bietet hier aber eine gute Möglichkeit des bequemen Transportierens.

Insgesamt ein gutes Gerät, mit scharfem, kontrastreichem Bild, großem Sehfeld, geringem Bildrauschen in robuster Bauweise. Die ausbleibende Treffpunktverlagerung und das Auto Gating machen die Nachteile der etwas sperrigen Bauweise mehr als wett. Wer es dennoch lieber kurz und bündig mag, für den ist das Lahoux Hemera mit nur 16,6 cm Länge und 580 g Gewicht ein interessantes Alternativprodukt.

Technische Daten:

Vergrößerung 1.0 x

Sichtfeld 7.94 °

Objektiv / Relative Öffnung 80mm F/1.55 (for full FOV)

Okular Durchmesser 34 mm

Zielgenauigkeit < 1 MOA

Parallaxe 100 m

Fokussierbereich 10 bis ∞ m

Röhre: Photonis™ GEN 2+/ ECHO (FOM < 1800) ECHO + (FOM 1800-2000)

Temperaturbereich -40 to +50 °C (-40 to +122 °F)

Größe 213 x 78 x 64 mm

Gewicht 0.71 kg (ohne Batterie)

Batterie 1 x CR123

Batteriedauer 40-85 Stunden (65 Stunden typisch)

Wasserdicht IP 67


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