Zuletzt hatte ich im Rahmen der Beschreibung einer Reihe von jagdlichen Originalen über Edmund berichtet, den fleischgewordenen Glücksfall für jeden Jagdpächter. Selbstverständlich sind wir aber auch zeitgemäß und haben ein Original mit Migrationshintergrund in unseren Reihen: Einen Italiener nämlich, der, wie sollte es anders sein, auf den uritalienischen Namen Luigi hört. Sein Nachname gleicht fast auf den Buchstaben einer berühmten Flinte aus seiner Heimat, womit der erste jagdliche Bezug bereits hergestellt wäre.

Aber Luigi ist für andere Dinge berühmt, ja legendär, möchte ich sagen. Fast jeder, der uns mal besucht hat oder zu dem wir Luigi mal als Treiber mitgebracht haben, erinnert sich mit einem kopfschüttelnden Lachen an den fröhlichen Kauz und fragt noch Jahre später nach dessen Befinden. Es gibt kaum einen, dem seine Besonderheiten und Geschichten nicht in Erinnerung geblieben wären – ein Original eben.

Luigi stammt aus der Nähe von Rom. Grund genug für ihn, nicht nur auf den Straßenfesten seines Wohnviertels in einem Legionärskostüm samt Kurzrock am Schwenkgrill zu stehen und jeden Passanten, insbesondere aber jede Passantin mit einem antiken Schwert und einem breit grinsenden „Ave! Salute!“ zu grüßen. Und da hat Frau dann noch Glück gehabt, denn wer ihn kennt, der wundert sich geradezu, dass er das Ganze nicht nur mit einem Feigenblatt bekleidet durchzieht. Ich bin der festen Überzeugung, dass er das anfangs auch gemacht hat und nur durch gutes Zureden seiner Nachbarn von weiteren Adamsauftritten abgehalten wurde. Oder aber es war der Befehl seiner Schwiegermutter. Luigi kam vor einem gefühlten Jahrhundert als Gastarbeiter zu uns nach Arheilgen und ist seit über 50 Jahren mit einer, so sein liebevoller Originalausdruck, „Orheljer Muck“ verheiratet. Man erkennt den Grad von Luigis Humor und seiner Romantik unschwer daran, dass „Muck“ im lokalen Dialekt „Muttersau“ heißt… Im Übrigen sind diese zwei Worte auch so ziemlich das Einzige, was untrainierte Anfänger aus Luigis Mund überhaupt verstehen. Nicht, dass er wortfaul wäre, ganz im italienischen Gegenteil – aber Luigi spricht auch nach über 50 Jahren immer noch ein Deutsch, als sei er vorgestern über den Brenner geradelt. Man muss sich bei jedem Satz wirklich konzentrieren, zum einen, um überhaupt mit zu bekommen, wovon er spricht, zum anderen, um dabei wenigstens pro forma einigermaßen ernst zu bleiben. Wir haben in unserer Jagdhaus-WhatsApp-Gruppe einen heimlichen Ton-Mitschnitt einer Erzählung Luigis, der uns bei jedem Abspielen Bauchschmerzen bereitet. Jeder Comedian, der mit Herz bei der Sache ist, würde sich wichtige Körperteile abschneiden lassen, wenn er einen Italiener sprachlich so parodieren könnte, wie Luigi tatsächlich ist. Der Mitschnitt, so glauben jedenfalls die meisten Sprachdeuter in unserer Gruppe, handelt vermutlich von einer Autofahrt Luigis in sein Heimatland während eines Regenschauers.


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