Praxistest: Steyr-Mannlicher SM 12
Tests

Praxistest: Steyr-Mannlicher SM 12

Text & Bilder Michael Sommer

Als ich die Anfrage zum Test dieser schmucken Kombination erhielt, sagte ich ohne zu zögern zu! Schließlich war eine Steyr-Mannlicher M im Kaliber 7x64 meine erste, eigene Langwaffe, mit der ich meine ersten Jagdjahre verbrachte, einige Stücke erlegen konnte und die mir mit ihrem schönen Schloßgang in Erinnerung geblieben ist…

Nun bin ich seit vielen Jahren ein „überzeugter“ Nutzer diverser Blaser R 93, da die Jagdwaffen in meiner Sicht und meinem Gebrauch mehr und mehr zu „Arbeitsgeräten“ geworden sind, die nicht schön sein müssen, sondern effektiv und sauber, und zudem sicher ihren Job versehen müssen.

Gerade da könnte die SM 12 für mich einen echten Brückenschlag darstellen, vereint sie doch, nach Bewerbung in der Presse und im Internet, einen Handspanner mit zusätzlicher „Sicherheits-Entspannung“; den bewährten, schönen Schloßgang; ein äußerst gefälliges Äußeres sowie die allseits und meiner Einschätzung nach unumstrittene Präzision einer Markenbüchse.

Der erste Eindruck

Ist das ein schönes Gewehr!

Ein schmucker, ansprechend gemaserter Walnussbaumschaft mit bayrischer Backe und Doppelfalz, eine extrem schön gearbeitete Schuppenfischhaut, ein mattierter, äußerlich „gedrehter“ (nicht kannelierter) Lauf und ein ebenso mattiertes, herausnehmbares (4-Schuss-) Kunststoff-Magazin, alles sauber gearbeitet und ohne scharfe Kanten in den ebenso mit Kunststoff ausgekleideten Magazinschacht übergehend, ein „vergoldeter“ Aluabzug (Feinabzug, oder mit Rückstecher), eine schmale, gut an die Schulter gleitende Gummi-Schaftkappe, sowie sauber sitzende, recht breit dimensionierte Riemenbügel.

Ebenso auffällig und stimmig: Die Flüchtig-Visierung! Ohne die Waffe bis dato getestet oder eingeschossen zu haben, springt die Kombination aus grün gerahmter, weiß unterlegter Kimme und rotem Leuchtkorn ins Gesicht und fordert geradezu das Training mit offener Visierung auf den laufenden Keiler heraus!

Das erste Handling entspricht dem ersten Eindruck: Extrem führig, ein „guter Grip“ dank sauberster Schuppenfischhaut; ein schmaler, gut in der Hand liegender Vorderschaft und eine „unaufdringliche“ Backe am Hinterschaft, die den Kopf an den Schaft und zum Zielfernrohr, bzw. der offenen Visierung führt.

Zum Schießstand

Da die Waffe in dem für mich eher „ungewohnten“ (da ungenutzten) Kaliber .30-06 geliefert wurde, wir in NRW gehalten sind bleifreie Munition zu verwenden, und ich von der Firma AKAH eine Packung, der aus meiner Sicht sehr bewährten Lapua Naturalis (11 g, 170 grs) erhielt, sollte die Büchse auch damit eingeschossen werden. Das 4-Schuss-Magazin ist schnell und unkompliziert per seitlicher Entriegelung aus dem Magazinschacht entnommen und ebenso schnell befüllt und wieder eingeführt. Der Repetiervorgang geht (da ich den Geradezug der R 93 gewöhnt bin) zügig, aber nicht allzu flüssig vonstatten. Das Einrepetieren der Patrone geschieht fühlbar und hörbar „stramm“. Ich denke, hier wird durch den nun anstehenden, häufigeren Gebrauch und angepassten Bewegungsablauf eine deutliche Verbesserung eintreten.

Ich muss zugeben, dass mich der nicht so sanfte Schloßgang enttäuscht hat, da war ich von meinem altgedienten Steyr M deutlich Besseres gewohnt. Mit etwas Geschick gelingt es dann, nach einiger Übung, leise, aber nicht lautlos, die Patrone ins Patronenlager zu repetieren. Die verbauten Kunststoffteile sind wohl der Grund dafür, dass es eben nicht lautlos vonstattengeht, schade... Wenn man den einschlägigen Foren folgt, findet man schnell genau diese Kritikpunkte: Plaste, die nicht sauber mit dem Holz (Schaft) verbaut werden kann, zudem bruchanfällig ist, und ggf. zu den geschilderten „Geräuschen“ beiträgt. Alles Mankos, die man übrigens auch immer wieder der R 93 oder R 8 vorgeworfen hat.

Praxistest: Steyr-Mannlicher SM 12

Praxistest: Steyr-Mannlicher SM 12

Auf dem Schießstand ist es dann nicht nur die gute Seele des Standes, „unser Herbert“, der sich das gute Stück mal aus der Nähe anguckt. Schnell haben sich einige Interessierte um mich geschart, die diese schmucke Büchse einmal aus der Nähe betrachten wollen. Natürlich brennt allen die Frage nach der Funktion der „Reset Action“ auf den Lippen, so dass wir zuerst einmal dieses im ungeladenen Zustand (versteht sich!) überprüfen: Das klappt genau zweimal, wie in diversen Videos zu sehen, reibungslos, dann nicht mehr! Ich muss zugeben, ich bin zuerst irritiert, finde dann aber in der beigefügten Gebrauchsanweisung die Erklärung: Das hektische Blinken (2x pro Sekunde) der roten LED signalisiert eine niedrige Batterieleistung der Entspannungs-Automatik. Somit hatte sich die Präsentation dieses Gadgets (ist es tatsächlich mehr?) leider erübrigt.

Dann ging es zum eigentlichen Einschießen, bzw. Probeschießen. Die Präzision der Waffe und des montierten Glases spricht hier für sich, mit 3 Schuss war alles klar, der Streukreis entsprechend gering und die Absehenverstellung ging ebenso präzise und wiederholgenau vonstatten. Um auf dem Stand weitere Schüsse abzugeben, habe ich dann auf vorhandene Restbestände zurückgegriffen. Selbst die schwerere Norma-Munition (Vulkan, 11,66 g, 180 grs) schoss mit identischer Treffpunktlage! Nachdem ich so etwa 20 Schuss verbraucht hatte, zeigte sich ein Nachteil dieser Waffen-Kaliber-Kombination: Das gute Stück tritt wie ein Pferd! Leider ist die Waffe für dieses Kaliber scheinbar einfach zu leicht. Ich bin wahrhaft kein „Schmalhans“, und die in meinen Waffen verwendeten Kaliber .308 Win und 9,3x62 schieben mir die Waffen in die Schulter, doch nach dieser Schussfolge fing ich an zu mucken und zucken, so überraschend stark war der Rückstoß dieser Büchse in diesem Kaliber.

Um hiervon wegzukommen, und gleichzeitig die offene Visierung zu testen, wechselte ich dann zum laufenden Keiler. Bei Schüssen aus der Bewegung und im freihändigen Schwingen fiel der Rückstoß deutlich geringer aus, beziehungsweise wurde er von mir besser kompensiert. Ich denke, für die Schüsse auf der Jagd, vom Hochsitz oder auf der Pirsch, sollte ich nun ausreichend gewappnet sein.

Zuhause wurden dann neue Batterien (2 St. Typ CR 123A 3V, Kosten etwa 5 €) bestellt. Ein weiterer Blick in die Gebrauchsanweisung der Büchse bescherte uns den Hinweis: „ACHTUNG - Um Schäden durch den Batteriewechsel an der Waffe zu vermeiden wenden Sie sich bitte an einen autorisierten Steyr Mannlicher Büchsenmacher.“ Ich gestehe: Ich habe den Wechsel selbst in Angriff genommen! Dieses ist recht aufwendig, man braucht 3 verschiedene Schraubendreher (Kreuz, Schlitz und Torx), dann noch eine Münze für das Batteriefach, muss die Schaftkappe nebst „Unterkonstruktion“ entfernen, um dann an das Batteriefach zu kommen. Viel Aufwand, so dass ich jedem nur raten kann, derartige Arbeiten, wie empfohlen, nur durch den ortsansässigen Büchsenmacher ausführen zu lassen.

Im Revier

Da mich die Waffe leider in einer für unsere Verhältnisse „schlechten Jahreszeit“ zum Testen erreichte (nach dem Mai-Intervall und vor der Blattzeit, bzw. dem ersten August-Intervall), wurde die Steyr nur über etwa 3 Monate intensiver geführt. Ich war stets bemüht, den schicken Schaft nicht allzu sehr meiner „lieblosen“ Waffenbehandlung auszusetzen, habe mit ihr aber dennoch einige, schöne Jagderfolge gehabt und habe bei der Schussabgabe auch nie das unangenehme Rückstoßverhalten wahrgenommen.

Sie war eine schmucke Begleiterin bei einigen Ansitzen, auf Grund des 42er Glases vor Allem in den Morgenstunden, sowie etlichen Pirschgängen. Die Handspannung funktionierte stets präzise und leichtgängig, der Abzug stand trocken, die Schüsse lagen da, wo sie sein sollten und die Tötungswirkung war insgesamt (für dieses Kaliber unter meinen Jagdbedingungen) sehr zufriedenstellend.

Die „Reset Action“ habe ich bewusst nur einmal eingesetzt. Durch die Handhabung anderer Jagdwaffen bin ich eine absolut sicherheitsbewusste Waffenhandhabung gewohnt und vertraue auch nur darauf. Es erscheint mir schlichtweg leichtsinnig und vielleicht auch zu „technikglaubend“, sich im Fall des Falles auf eine automatische Entspannung der entsicherten Waffe zu verlassen. So die Waffe fällt, bzw. man mit ihr stürzt, mit entsicherter/gespannter Waffe, mag diese Einrichtung ein zusätzliches Plus an Sicherheit darstellen.

Mein persönliches Fazit

Eine schöne Waffe, mit einem tollen Glas, insbesondere für Pirschjäger, bzw. Jagdbedingungen wo ich mit einem kleineren Kaliber und nicht unter extremen Lichtbedingungen agieren kann. Für mich persönliches wäre die folgende Kombination die beste: Diese Waffe mit Kunststoffschaft (ich würde das schöne Schaftholz früher oder später unfreiwillig „zerstören“), im Kaliber .270 Win und das montierte Glas - Die ideale Begleiterin für Pirschgänge im Rehwildrevier, mit der Chance auf die ein oder andere Sau.


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