Eine Weihnachtsgeschichte

Eine Weihnachtsgeschichte

Dann war Heiligabend, der 24. Dezember. Das Geschenk für die Schwiegereltern hatte er immer noch nicht. Ihm würde schon noch etwas einfallen – hoffte er zumindest. Die restlichen Weihnachtsvorbereitungen hatte in diesem Jahr seine Frau übernommen. Ein Anflug von schlechtem Gewissen sorgte für ein ungutes Gefühl, aber er hatte mit seiner Arbeit so viel zu tun, er konnte ihr unmöglich helfen. So wie er sie kannte, würde sie auch ohne seine Hilfe zurechtkommen. Lediglich den Weihnachtsbaum hatte er vor ein paar Tagen noch besorgt. Damit war auch eigentlich sein Soll erfüllt. Vom Dekorieren und Backen verstand er sowieso nichts.

Jetzt schickte seine Frau ihn und die beiden Kinder Stephan und Eva raus auf einen Spaziergang. Sie wollte in Ruhe die gute Stube für die Bescherung vorbereiten. Davon sollten die Kinder nichts mitbekommen. Die waren an diesem Tag sowieso schon neugierig genug. Eva glaubt mit ihren 5 Jahren noch an das Christkind. Stephan ging inzwischen in die 2. Klasse und so langsam machten sich bei ihm erste Zweifel breit, wer denn da die Geschenke unter den Tannenbaum legte. Noch gab er sich aber mit der Erklärung zufrieden, dass Mama und Papa das Christkind bei seiner Arbeit unterstützten.

So spazierten die drei durch die Kälte. Ausnahmsweise lag in diesem Jahr tatsächlich Schnee an Weihnachten. Es hatte die ganze Nacht über geschneit. In der Ferne sahen sie die Weihnachtsbeleuchtung in den Häusern des kleinen Dorfes funkeln. Sie selbst wohnten etwas außerhalb und gingen den Wanderweg am Waldrand entlang. Eigentlich war der Anblick schon richtig idyllisch, aber auch jetzt kamen Davids Gedanken nicht zur Ruhe. Er war schon wieder bei dem Auftrag im Büro, als Eva aufgeregt an seinem Ärmel zupfte „Papa, Papa, schau dort!“. Stephan war schon vorgelaufen „Es ist eine Eule, sie hängt im Stacheldraht fest“. Tatsächlich, das arme Tier hatte sich im Draht verfangen, sein linker Flügel war blutig. „Papa, Papa, hilf der Eule“, klein Eva war ganz aufgelöst. Aber es war gar nicht so einfach in dem Dämmerlicht den Draht zwischen Federn und Blut zu erkennen und das Tier zu befreien, ohne es noch mehr zu verletzen. „Hätte ich nur eine Zange mitgenommen, dann könnten wir dieses Stück Draht hier abschneiden“ murmelte David hochkonzentriert, während er versuchte sich einen Überblick zu verschaffen. Stephan und Eva tauschten kurz Blicke aus. Als Stephan nickte, sprintete Eva los und kam wenig später mit einem Seitenschneider zurück. „Wo hast du denn den jetzt her?“ wunderte sich David, „Stephan hilf mir mal“. Er war so konzentriert, dass er gar nicht bemerkte, dass Eva ihm eine Antwort schuldig blieb. Mit vereinten Kräften befreiten sie die kleine Eule. Wie es der Zufall wollte, hatte David auf einer der letzten Jagden einen Falkner kennen gelernt, der sich um verletzte Greifvögel kümmerte. Ein kurzes Telefonat und sie durften die Eule in seine Station bringen.


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