Mir wurde die Frage „Einschläfern oder ihm eine Chance geben?“ gestellt und die Antwort war für mich klar: „Chance geben, denn dann haben wir es wenigstens versucht!“
Es folgten viele Spritzen und Untersuchungen.
Röntgenbild, Tropf, Schmerzmittel, Antibiose und Wundversorgung. Der kleine Bock hatte Bisswunden im Kopf- und Nackenbereich, welche mit Fliegenmaden bereits besetzt waren und ich sorgfältig mit Octenisept versuchte abzuwaschen.
Die Diagnose lautete: Dehydrierung, starke Lungenentzündung, Schädigung des linken Innenohrs / Gehörgangs, wodurch der Gleichgewichtssinn stark beeinträchtigt wurde und Verletzungen durch eine vermutliche Hundeattacke.
Nach 2 Stunden am Tropf und viele Tierarztpatienten später durften wir nach Hause. Das Kitz zeigte leider nach wie vor kaum Reaktionen. Da wir letztes Jahr schon ein Kitz vor dem sicheren Hungertod gerettet hatten, wussten wir, was wir alles für die Versorgung brauchten. Mein Mann hatte in der Zwischenzeit Lämmermilchpulver aus dem Baumarkt besorgt.
3 Kilogramm brachte der kleine Kerl auf die Waage, was bedeutete, dass er mindestens alle 4h mindestens 170 ml Milch benötigt. Auch nachts. Viel Hoffnung auf eine Überlebenschance hatte ich ehrlich gesagt nicht, zu mitgenommen sah das Kitz für mich aus…
Die ersten Fütterungen zählten mehr zur Zwangsernährung als alles andere. Er hatte kaum Kraft seinen Kopf oben zu halten, geprägt vom starken Husten als Folge der Lungenentzündung.
Danach folgte stets das Putzen mit Feuchttüchern und Streicheleinheiten mit viel Liebe und Ruhe.
Unser ganzer Tagesablauf richtete sich um den kleinen Pflegefall. Jagen gehen konnte ich in der Zeit nicht, da der kleine Kerl sonst länger als 4 Stunden allein gewesen wäre, und sogar meinen einen Sucheinsatz hatte ich für ihn abgesagt.