Endlich war es so weit. 2 Wochen Überstundenabbau standen auf meinem Plan. Vollgepackt mit Kadaversuche, Jagd, Entspannung und wichtigen Terminen. So wie am 25. Mai 2023. Ich hatte einen wichtigen familiären Termin beim Notar.

Plötzlich und unerwartet klingelte mein Telefon im Wartebereich. Auf dem Display erschien „Untere Jagdbehörde Stendal“ „Eine Frau hat ein noch lebendes Rehkitz im Stadtforst Stendal gefunden. Es ist gestern schon gesehen worden, es kann nicht mehr aufstehen, aber es lebt noch und sieht aus, als würde es sich quälen.“

Kurz darauf ließ ich mir nochmal die Koordination per Mail schicken und machte mich nach dem Termin in Sandalen und kurzer Hose auf den Weg ins Revier.

Fernab vom nächsten Hauptweg, irgendwo im Nirgendwo, wo man sich zur jetzigen Brut- und Setzzeit keine Spaziergänger, Hunde etc. erhofft, zeigt mir meine GPS-App den Standort an.

Auf den ersten Blick konnte ich nichts finden und war schon froh darüber. Aber um sicherzugehen, drehte ich nochmal einen 20 Meter Radius um die Stelle. Und auf einmal lag es dort.

Ein halbtotes Rehkitz, welches kaum noch auf jegliche Reize meinerseits reagierte und voll mit Fliegen war.

Unsere Pflicht als Jäger/innen ist es, leidendes Wild so schnell wie möglich von seinen Qualen zu erlösen. Aber das konnte ich in diesem Moment absolut nicht. Innerhalb weniger Sekunden liefen mir die Tränen über das Gesicht und ich war mit der Situation schlichtweg überfordert.

Kurzerhand packte ich das Kitz auf meinen Beifahrersitz und rief in meiner Stammtierarztpraxis an, ob ich denn vorbeikommen könnte. Das Wartezimmer war voll und wir wurden sofort als Notfall aufgenommen.


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