Das Gericht stellte zudem unmissverständlich klar:

„(…) Aus der bereits zitierten Unfallverhütungsvorschrift geht hervor, dass jeder Nutzer vor jeder Benutzung den Hochsitz prüfen muss. Mit anderen Worten wird ohnehin vorausgesetzt, dass zunächst einmal jeder Berechtigte, der einen Hochsitz besteigt, sich mit der gebotenen Sorgfalt darüber vergewissert, ob sich der Hochsitz in einem für den Benutzer gefahrlosen Zustand befindet. Die Verkehrssicherungspflicht des Grundstückseigentümers steht mithin nicht isoliert da, sondern sie findet ihre Ergänzung insoweit in der Unfallverhütungslast des Grundstücksbenutzers. Auch kann vorausgesetzt werden, dass der berechtigte Nutzer eines Hochsitzes aufgrund seiner jagdlichen Ausbildung und Erfahrung über die Sach- und Fachkunde verfügt, die mit der Benutzung des Hochsitzes verbundenen Gefahren zuverlässig einzuschätzen. Dies gilt erst recht im Falle des durch den Unfall Geschädigten, der als Forstdirektor einem Bundesforstbetrieb vorsteht.

Darüber hinaus kann der Benutzer die Leitersprossen ohne weiteres vor und bei dem Aufstieg überprüfen. Ab der Höhe von etwa 1,60 hat er sie bereits vor Augen, wenn er vor der Leiter steht. Alle weiteren in größerer Höhe angebrachten Sprossen kommen ihm vor Augen, je weiter er die Leiter hochsteigt. Zugleich ist der Benutzer imstande, beim Aufstieg sowohl mit den Händen die Sprossen ab einer Höhe von etwa 1,60 m zu begreifen und so auf ihre Festigkeit hin zu überprüfen als auch mit den beschuhten Füßen sämtliche Leitersprossen darauf hin zu prüfen, ob sie etwa glatt und rutschig sind und ob sie wackelig oder nachgiebig wirken. (…)“

Das Landgericht unterschied im Rahmen der einzuhaltenden Verkehrssicherungspflicht zwischen den einzelnen Bauteilen eines Hochsitzes: „(…) Bei den Anforderungen an Wartung und Unterhaltung von Bauteilen eines Hochsitzes ist zwischen Bauteilen zu unterscheiden, deren Festigkeit der Benutzer zwingend voraussetzen muss, weil er sie freihändig betritt und freihändig darauf steht, und bei deren Benutzung er sich nicht der Gefahr versieht, das Bauteil könnte unter ihm einbrechen, und Bauteilen, die er nicht freihändig betritt, da er sich ohnehin im eigenen Interesse dagegen absichert, davon abzurutschen. Zu letzterer Gruppe von Bauteilen gehören insbesondere die Sprossen der Hochsitz-​Leiter.(…)“

In dem Zusammenhang mit der Wartung und Kontrolle von Leitersprossen konstatierte das Gericht jedoch:

„(…) Ein noch so umfangreiches Kontrollprogramm ist nicht geeignet, zu gewährleisten, dass stets jede Leitersprosse ihre Festigkeit bewahrt, und - umgekehrt - auszuschließen, dass eine im Inneren verfaulte Leitersprosse übersehen und an der Hochsitz-​Leiter belassen wird. Im Übrigen ginge die Überprüfung der Leitersprossen, wie sie die Klägerin für angezeigt erachtet, durch Einritzen, Einstechen, Eindrücken oder Anbohren mit einer regelmäßig wiederholten Beschädigung der Oberfläche der verwendeten Hölzer einher. Dadurch würde die Fäulnisgefahr, der begegnet werden soll, noch begünstigt.

Die Leiter eines Hochsitzes zu benutzen, ist stets eine gefährliche Angelegenheit. Die Gefahr, die dem Benutzer eines Hochsitzes aus einer brüchig gewordenen Leitersprosse erwächst, ist insoweit mit der Gefahr vergleichbar, die damit verbunden ist, dass solche Sprossen je nach Witterung und Standort rutschig, ja glitschig sein können (…). Die Gefahr aber, von einer Hochsitz-​Leiter abzurutschen, ist ihren möglichen Folgen nach nicht minder groß und dürfte ihrem Verwirklichungsrisiko nach sogar deutlich größer sein. Solche Gefahr wird man niemals ausschließen können.

Auch mit Rücksicht darauf erscheint als nicht geboten, jede Leitersprosse eines jeden Hochsitzes mit Messer oder Spitzhammer durchzuprüfen und abzuklopfen und so gleichsam „unter die Lupe“ zu nehmen. Solche Maßnahmen liegen außerhalb dessen, was ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Revierleiter für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Benutzer der Hochsitze vor Schäden zu bewahren. (…)“ Gerade auch dann, wenn ein Revier über zig Hochsitze und damit über 100te, wenn nicht tausende von Leitersprossen verfüge, sei es nicht zumutbar, jede einzelne Leitersprosse anzusägen oder durchzustechen, um diese losgelöst von einer Sichtprüfung auf Fäulnis hin zu überprüfen.

In der Vergangenheit habe sich für den Revierleiter, dessen mithelfenden Jäger und den langjährig wiederkehrenden Jagdgast kein Anhaltspunkt dafür ergeben, dass Art und Umfang der vom Revierleiter gewählten Kontrolle ungenügend gewesen wären. Das beklagte Land habe daher seiner Verpflichtung zur sorgfältigen Unterhaltung des Hochsitzes genügt.

Das beklagte Land hatte die Wartung und Unterhaltung des Hochsitzes dem zuständigen Revierleiter anvertraut, der über die erforderliche Fach- und Sachkunde verfügte.

Es gab auch keinen Grund, an der hinreichenden fachlichen Eignung des Revierleiters zu zweifeln.


Laden...