Denn, so das Gericht: Wenn auch grundsätzlich hohe Anforderungen an den Entlastungsbeweis des Grundstücksbesitzers zu stellen sind, so dürfen diese doch nicht überspannt werden, weil ein Übermaß die Haftung aus widerleglichem Verschulden leicht in eine Gefährdungshaftung umschlagen ließe (…). Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Der Sache nach geht es um dieselben Anforderungen, die im Zusammenhang mit der Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gestellt werden (…)“
Und wie sieht es nun aus mit der Wahrung der Verkehrssicherungspflichten? Das Gericht führte dazu aus:
„(…) nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, grundsätzlich verpflichtet ist, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. (…) Es sind vielmehr nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkannter Maßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise – hier der Revierleiter eines staatlichen Forstreviers – für ausreichend halten darf, um andere Personen – hier einen Jagdgast – vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind (…).“ Schaut man sich die Argumentationslinie des Gerichts an, so reichte nach diesem Maßstab zur Abwendung der hier verwirklichten Unfallgefahr aus, zumindest einmal jährlich die Leitersprossen des Hochsitzes einer Sichtkontrolle zu unterziehen und sie einer Belastungsprobe zu unterwerfen. Für die Belastungsprobe genügte es, die Leitersprossen mit festem Tritt zu betreten und sie so auf ihre Trittfestigkeit und Tragfähigkeit hin zu überprüfen; ein Durchsägen der Leitersprossen und Überprüfung auf Fäulnis war nicht zu fordern. Und auch § 7 Abs. 1 Nr. 3 der Unfallverhütungsvorschrift „Jagd“ der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (VSG 4.4) sei genügt worden. Diese Vorschrift regelt die Pflicht Revierinhabers/Pächters/Grundstückseigentümers, wonach Hochsitze vor jeder Benutzung, mindestens jedoch einmal im Jahr, zu prüfen sind.
Weil – so das Gericht - „(…) kürzere Intervalle gesetzlich nicht vorgeschrieben seien, hätten diese daher auch nicht von dem beklagten Land gefordert werden können. (…)“. Aha. Aber eigentlich hatte das Gericht doch zu Beginn geurteilt, es komme immer auf den Einzelfall an. Vorsicht vor Verallgemeinerung ist daher geboten….aber schauen wir uns die Entscheidung weiter hierzu an. Das Landgericht führte zu den zu beachtenden Verkehrssicherungspflichten weiter aus…:
„(…) Für die Anforderungen an Umfang und Intensität der Verkehrssicherungspflichten kommt es entscheidend darauf an, ob der eröffnete Verkehr einer unbestimmten Zahl von Personen oder nur einem kleinen Kreis Berechtigter offensteht. Der Hochsitz, um den es hier geht, wurde allenfalls gelegentlich von nur drei Personen genutzt, vom Revierleiter, von dessen mithelfendem Jäger und, einmal jährlich innerhalb eines Zeitraums von etwa zwei Wochen, von einem ganz bestimmten Jagdgast, dem Unfallgeschädigten.(…)“