Es ist wieder Zeit für die Gesellschaftsjagd. Überdurchschnittlich werden in diesem Zeitraum Kanzeln und Drückjagdböcke bestiegen. Wie sieht es eigentlich aus, wenn beim Auf- oder Abbaumen eine Leitersprosse bricht und der Jäger hierdurch zu Schaden kommt. Reicht zur Abwendung der Gefahr eines durch Sprossenbruch verursachten Unfalls aus, mindestens einmal jährlich die hölzernen Leitersprossen des Hochsitzes einer Sichtkontrolle zu unterziehen und sie einer Belastungsprobe zu unterwerfen? Oder bedarf es einem Mehr? Wie muss solch eine Belastungsprobe aussehen? Wie immer erläutert die Autorin diese Fragen an einem Fall aus der Rechtsprechung.
Die Klägerin unseres heutigen Fallbeispiels begehrt von dem beklagten Land gemäß § 76 BBG aus übergegangenem Recht Schadensersatz wegen eines Jagdunfalls, der seinen Bediensteten für zig Monate arbeitsunfähig hat werden lassen. Aber was war eigentlich geschehen? Forstamtsleiter Grün war erlaubt, in einem Revier des beklagten Landes als Jagdgast zu jagen. Grün ist regelmäßig Gast in dem Revier, er kennt viele der Sitze, vor allem aber jenem, an dem der Unfall geschah…nämlich just in dem Moment, in dem Grün abbaumte, brach infolge innerer Fäulnis eine der hölzernen Leitersprossen. Grün stürzte unsanft rückwärts etwa 2,50 m zu Boden. Durch den Sturz erlitt er unter anderem Verletzungen an einem Brustwirbel sowie an der Bandscheibe. Forstamtsleiter Grün musste mehrfach operiert werden und war für zig Monate arbeitsunfähig.
Die Dienstherrin des verunfallten Forstamtsleitern Grün wirft dem beklagten Land vor, habe massiv gegen die Sorgfaltspflichten verstoßen zu haben und auch keine Prüfung des Hochsitzes vor Beginn der Jagd gemäß § 7 UVV Jagd unmittelbar vor der Jagd vorgenommen; andernfalls hätte die Instabilität der Sprosse auffallen müssen. Eine bloße Sichtprüfung hätte nicht ausgereicht. Vielmehr sei erforderlich, die Oberseiten der Sprossen im belasteten Bereich mittels eines Messers, eines Spitzhammers oder eines ähnlichen Werkzeugs auf Fäulnis hin zu überprüfen, indem auf die Trittsprosse geklopft und indem sie angedrückt oder auch eingeschnitten werde. Hierzu gehöre gegebenenfalls auch, im Sinne stichprobenartiger Kontrolle eine der Trittsprossen durchzusägen. Das beklagte Land trat diesen Behauptungen entschieden entgegen. Der streitgegenständliche Hochsitz sei im Mai jeden Jahres regelmäßig durch den Revierleiter sowie die Mitjäger überprüft worden. Der Hochsitz sei mehrfach benutzt und auch kein Pilzbefall festgestellt worden. Der verunfallte Forstamtsleiter habe sogar selbst den Hochsitz wenige Wochen vor dem Unfall benutzt und offenbar keine Beschädigungen als sachkundige Person festgestellt. Mehrfache Untersuchungsbohrungen und Probeschnitte pro Jahr an zahlreichen Stellen des Hochsitzes, ja sogar an verschiedenen Stellen eines jeden Tritts, seien völlig überzogen.
Das angerufene Landgericht (LG Waldshut-Tiengen, Urteil vom 14. August 2015, Az. 1 O 163/13) schloss sich im Rahmen seiner Urteilsbegründung im Wesentlichen dem beklagten Land an und verneinte einen Schadenersatzanspruch der Dienstherrin. Ein Anspruch der Klägerin aus übergegangenem Recht gemäß § 836 Abs. 1 Satz 1 BGB bestehe nicht, so das Gericht. Das beklagte Land habe die zum Zwecke der Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt nämlich beobachtet.