Fibi ist außerdem, wieder ganz der Labbi, sehr leicht zu führen. Sie versteht jedes Wort, jeden Wink, jeden Gedanken, bevor er ausgesprochen wird. Sie merkt sofort, wenn man anders schaut, weil sie einen Fehler gemacht hat, und bricht vor Scham umgehend in sich zusammen. Sie lernt unheimlich schnell und wusste schon nach dem ersten Mal, von welchem Mauerstein die Katze des Kanzlei-Nachbarn nach ihr gefaucht hatte – seit mittlerweile fünf Jahren als Teilzeit-Bürohund vergisst sie NIE, diesen zu kontrollieren. Beim Pirschen passt sie sich wie ein Geist meinen Bewegungen an, weiß genau, wann es worauf ankommt. Das war es aber auch schon mit Fibi – der Rest ist Wotan.
Als Wotan ist der schwarze Blitz alles, was ein Labbi eigentlich nicht ist. Sie ist absolut überpassioniert, was Sauen und Raubwild, was das Jagen und Kämpfe mit Wild angeht. Einmal hat sie mitten in einer Schwarzdornhecke, in die sonst kein Labbi auch nur ansatzweise hineingegangen wäre, einen ausgewachsenen Waschbär dermaßen schnell und kompromisslos abgetan, dass ich erst an eine Halluzination meinerseits dachte – einen Waschbär wohlgemerkt, jeder Hundeführer weiß, was ich meine.
Wenn ich auf Drückjagden mit ihrer Weste in der Hand oder nachts den Kofferraum öffne und leise „Nur die Fibi!“ flüstere, komme ich nicht einmal bis zur zweiten Silbe ohne dass ein prustender, in fünf Richtungen gleichzeitig hüpfender Kugelblitz an mir hochspringt und völlig aus dem Häuschen ist. Sie weiß, sie darf dann nicht an mir hochspringen und sie würde es auch gerne lassen – sie kann es aber nicht, zu passioniert ist sie und kann ihre kommende Aufgabe einfach nicht abwarten.
Fibi liebt Sauen, sie zu erstöbern, zu jagen und zu binden – Wotan eben. Erst letztens hatten die Dackel den Vortritt und sollten die „tote“ Sau eines Freundes zuerst beschnuppern dürfen. Begeistert stürmten sie darauf los, als das Stück plötzlich hoch wurde – sofort brach die akustische Hölle los. Beide Dackeldamen umtanzten den Überläufer, vorsichtig, aber mit wilden Drohungen und Beleidigungen, dunkel hallte selbst der sonst unerträglich kreischende Laut von Toffie, unserem trotteligen Dorfdeppen durch die Nacht, während ihre Seelenschwester Twix sie lautstark unterstützte. Gleichzeitig explodierte hinter mir mein Auto, weil Otto schreiend das Hundegitter auseinanderriss und Fibi einen anderen Ausweg suchte. Aufgrund der unübersichtlichen Situation nahe der Reviergrenze blieb mir nur eins – die Artillerie zu schnallen. Ich verzieh Fibi das unaufgeforderte „Aussteigen“, die Otto einfach in den Boden rammte und nach 50m wie ein Torpedo ohne jedes Zögern auf dem Borstenfies einschlug, wobei sie immer zuerst versucht, sich wie ein Bär im Nacken einer Sau zu verbeißen. Otto wiederum schrie in den höchsten Tönen, weil sie den Anschluss verpasst hatte, und überschlug sich vor lauter Aufregung und Hektik ein oder zwei Mal, bis sie dann auch endlich den Kampfplatz erreicht hatte, über die beiden Dackel flog und sich als Fibis packender Gegenanker positionierte - was mir neu war, aber sie wurde letzten Januar geschlagen und scheint seitdem die diplomatischen Beziehungen zu Schwarzwild abgebrochen zu haben. Das wiederum jedenfalls ließen sich die beiden kleinen Kreissägen nicht zweimal sagen und brachten die Sau nun ebenfalls mit zu Boden – Ende, nur noch das knurrende Beuteln der knirschenden Kiefer-Kumpels war nach dem Abfangen zu hören, zwei Minuten, nachdem die Bande ganz Wacken problemlos übertönt hätte.