Und nun? Nun ist da Fibi – kein Dackel, das war schon mal eine Riesenumstellung. Ich war es gewohnt, dass Filou an jeder Front die Nummer 1 war, die Stimme, die nach dem Schnallen immer die erste im Treiben war, die, an der sich über die Jahre der Zusammenarbeit ganze Meuten orientierten. Keine lebende Nackenrolle beim Autofahren – das war Filous Lieblingsplatz, nur ungern ließ er sich zum Schoßschläfer degradieren. Bei Fibis 28 Kilo sind beide Positionen eher unbequem, auch wenn sich diese Erkenntnis ihrem sonst eher wachen Geist regelmäßig verschließt. Für beide stand es übrigens auch nie zur Diskussion, dass ein Bett auch ihnen, oder besser eigentlich auch mir gehört – mit dem Unterschied, dass Fibi sich durch stumpfes In-den-Weg-Fallen lassen unter tiefstem Zufriedenheitsgrummeln in der Regel drei Viertel davon unter den Nagel reißt und zur Abwehr von Verschiebeversuchen innerhalb des Bruchteils einer Sekunde zum unbeweglichen Zementsack mutiert. Ich könnte schwören, ich sehe dann immer den Schalk in ihren Augen flackern, bevor sie einschläft.
Fibi ist ein hochintelligenter Hund – aber leider schwer krank. Von Geburt an und unheilbar leidet sie an MTP, ein Begriff aus der amerikanischen Forschung der modernen Gutmenschen unserer Zeit: Multiple Trans-Problems. Sie hat „transracial-, transgender-, transname and basically transverything“-Probleme und sieht sich nicht als Fibi, die wunderschöne, pechschwarze Labrador-Hündin, sondern als mindestens Wotan, der narbenübersäte Drahthaar-Rüde. Ich hatte nicht zuletzt in Schottland immer schon auch viel mi Labbis zu tun, aber dieser hier ist… anders. Nicht so anders wie Otto die Bracke, die ist GANZ anders, aber eben anders als normale, mental gesunde Labbis. Aber genau genommen ist das sogar gut so, denn Fibi ist auch ansatzweise schizophren und vereint Wotan und Fibi nebeneinander in sich – und genau das macht sie jagdlich so wertvoll.
Der typische Labbi bellt nicht, bringt einem neben allem anderen, was man als Hund so tragen kann, aufgrund seines allseits bekannten weichen Mauls Junghasen und rohe Eier völlig unversehrt, hat als Wachhund in etwa die Qualität eines japanischen Zierkirschbaums und macht um Sauen sowie Raubwild einen weiten, sehr weiten Bogen, diese werden nicht mit der Nase, sondern mit der Schwanzspitze voraus angezeigt.
Fibi kann das mit der Alles-herbei-Schlepperei auch, mit höchster Begeisterung. Wenn sie der Meinung ist, dass man sie nicht genug beachtet, dann fängt sie an, das erste Greifbare irgendwas extra laut mit den Pfoten schlürfend um einen herum zu tragen. Meist ist es ein Schuh, fragt man dann, wo der andere dazu sei, hat man Sekunden später den zweiten in der Hand. Unser Rekord waren glaube ich einmal 17 Paar, dann war das Regal leer. Schon als kleiner Welpe, ganz Labbi, trottete sie mir mit einer Elster im Fang hinterher. Im letzten Jahr waren wir auf einer großen Entenjagd in Tschechien – ich weiß nicht, ob ich meine Seelenverwandte jemals so glücklich gesehen habe. Wasser, Knallstöcke UND zu apportierende Enten, was für ein Labbi-Traum – allerdings bricht manchmal eben der Wotan in ihr durch, ich bin mir nicht sicher, ob wirklich jede der Enten, insbesondere der geflügelten und vor dem Apport noch lebenden, beim Rupfen unversehrte Knochen und heiles Brustfleisch hatte…