Bei uns, in Richtung der Felder, herrscht Ruhe. Ich bin für diese Tage gut vorbereitet, denn mir stehen jetzt einige Pirschwege zur Verfügung, die ich im Sommer geputzt und gepflegt hatte. Ich pirsche langsam und vorsichtig auf einem, der mich zu einem der starken Wechsel führt. Dort, hinter einer großen Kiefer versteckt, warte ich auf das erste Licht.

Bald merke ich, dass meine Jagdbekleidung mich nicht mehr vor der morgigen Kälte schützt. Jetzt ist es aber zu spät, etwas zu unternehmen. Hoffentlich kommt bald Wild oder scheint die Sonne durch die Bäume. Gerade, als die ersten Strahlen durch die Äste dringen, spüre ich eine Bewegung direkt vor mir. Ein Damtier zieht auf dem bewachten Wechsel. Es ist aber ziemlich unruhig und kontrolliert ständig die Gegend, macht einen Schritt und bleibt wieder stehen, sichert in alle Richtungen. Hinter ihm kann ich ein Kalb und ein Schmaltier erkennen, die in einer geraden Linie hinterherziehen. Und ich kann hören, dass die Drei nicht die einzigen Stücke sind, weiter dahinter müssen noch mehr sein. Aber ist auch ein Hirsch dabei? Ich weiß nicht, wie lange es dauert, aber für mich, der total gefroren ist, ist es eine Ewigkeit.

Auf einmal knört es direkt vor mir! In diesem Moment springt das erste Tier mit Kalb und Schmaltier im Schlepptau direkt auf mich zu. Nicht mehr als 10 Meter trennen uns jetzt, sie merken überhaupt nicht, dass ich dort neben der Kiefer stehe. Das Knören nähert sich und ich sehe einen guten Schaufler, der rennt wie um sein Leben, um das inzwischen hinter meinen Rücken verschwindende Kahlwild zu verfolgen. Aber noch ist nicht alles vorbei. Kurz hinter dem Schaufler zieht ein schwacher Knieper der I. Altersklasse (bei uns also bis zum dritten Kopf). Die Qualität unserer Damwild-Population ist nicht sehr hoch, daher war ich überrascht, innerhalb von zwei Pirschgängen gleich zwei gute Schaufler zu sehen. Nach diesen Begegnungen hatte ich wohl Recht mit meiner Entscheidung, an der „Langen Wiese“ zu jagen, es hätte mit etwas Glück schon zu Waidmannsheil führen können. Also werde ich mich weiter auf diesen Teil des Revieres konzentrieren. Die morgendliche Pirsch brachte aber leider nicht nur schöne Erlebnisse: die Kälte und falsche Bekleidung sorgten noch für etwas anderes – schon am Nachmittag hatte ich Halsweh, kurz darauf dann auch Schnupfen. Sollte ich lieber zu Hause bleiben, als mich wieder auf die Pirsch zu machen? Nein! Klare Entscheidung, es ist Brunft, da darf kein Jäger wegen eines Schnupfens zuhause bleiben!


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