Was verstehen Sie unter dem Begriff „Brunftwetter“? Sonniges, aber kaltes Wetter, Raureif in der Früh, Sonne tagsüber, Kälte am Abend? Ja, ich auch – und genau dies Wetter erwartet mich am kommenden Tag. Bei minus zwei Grad hat es in der Nacht etwas gefroren; wolkenloser Himmel und die aufgehende Sonne sowie röhrende Hirsche läuten den Tag ein. Ich kehre dorthin zurück, wo ich gestern die Begegnung mit dem Hirsch auf dem Kahlschlag hatte. Diesmal ist er nicht zu hören und ich entscheide mich, oben auf der Wiese mein Glück zu probieren. Langsam pirsche ich zum Rand der Wiese, die mit Tau bedeckt ist. Es ist schon hell genug, aber keine Bewegung in Sicht. Wieder suche ich unter einer Fichte Sichtschutz.
Hirschbrunft
Auf einmal sehe ich doch eine Bewegung auf der Wiese, aber noch nicht so deutlich, weil das Stück über einen Wiesenhügel teilweise verdeckt ist. Ich nehme meinen Hirschruf in die Hand und probiere dem Hirsch klar und deutlich verstehen zu geben, dass hier sein Rivale auf ihn wartet. Ich kann nicht glauben, was ich sehe: Der Hirsch dreht sich um und zieht langsam auf mich zu, er hat ein Ziel. Er macht wenige Schritte, hält für ein paar Sekunden inne, in denen er intensiv röhrt und zieht dann seinem Rivalen weiter entgegen. Ich weiß nicht, was ich machen soll – entweder antworte ich dem Hirsch oder ich mache Fotos. Ich probiere aber beides. Diese wenigen Augenblicke gehören zu den einzigartigsten Momenten, die ich mit den Hirschen bis jetzt erleben durfte. Die Sonne geht auf, überall auf der Wiese glitzert es und vor mir steht ein kapitaler Hirsch und zeigt seine Schöne und Stärke. 20 Meter sind nun zwischen uns, als er meinen Wind bekommt und flüchtet. Ist das alles wahr, oder doch ein Traum? Traum! Oder doch nicht! Ein unfassbarer Morgen, der aber noch nicht endet und schon jetzt weiß ich nicht, wie ich das alles in Worte kleiden soll, gut dass Bilder oft mehr als diese sagen.