In der Früh war der Wind schon ein bisschen ruhiger geworden, doch der Boden weiterhin zugefroren. Trotzdem haben wir 3 Stück Rotwild angepirscht – Alt-, Schmaltier und Kalb. Das Kalb war doch ziemlich schwach, also habe ich mich entschlossen, es zu erlegen. St. Hubertus wollte es wohl anders – die Stücke wechselten die Richtung und sind in der Verjüngung verschwunden. Die warme Hütte und das Feuer im Ofen sowie ein ordentliches Frühstück waren ein willkommener Trost.

Lange haben wir gebraucht, um zu entscheiden, ob wir nachts wieder ansitzen. Der Wind hat ein wenig nachgelassen, also wollen wir es probieren. Die ersten zwei Stunden war es ziemlich ruhig – dann zogen fünf Stück Rotwild zur Kirrung. Auf einmal verschwanden sie alle. Was ist denn nun los? Die Fenster in der Kanzel sind doch alle zu, also Wind von uns haben sie sicherlich nicht bekommen. Und jetzt sehe auch ich, was die aufmerksamen Augen des Alttieres sofort entdeckt hatten – auf der Wiese, dort wo die Kirrung ist, zieht von unten aus dem Tal ein Stück Schwarzwild auf uns zu. Schnell ist klar, dass es sich dabei nicht um einen schwachen Frischling handelt. Ich nehme mein Fernglas und… und ich glaube, mein Schwein pfeift! Das war ein Keiler und was für einer. So einen habe ich noch nie in meinem Jägerleben gesehen! Ein wahrer Basse zieht langsam zu uns hoch, doch nicht zur Kirrung. Ruhig sichert er die Umgebung. „Vojtik,“ sage ich zu meinem Sohn, „schau, sowas habe ich noch nie gesehen!“ Der Keiler bleibt auf der Wiese und dreht seine Runden. Inzwischen erkläre ich dem aufgeregten, jungen Mann, dass obwohl es ein großer Keiler sein kann, seine Waffen klein sein können und auch umgekehrt. Hier kommen viele entscheidende Faktoren, wie Nahrungsangebot, Konkurrenz und Landschaft zusammen. „Wie schwer ist er?“ fragt Vojtik. „Schwer zu schätzen,“ antworte ich, „er könnte zwischen 160 und 180 kg schwer sein!“ Meine Büchse bleibt weiterhin in der Ecke der Kanzel. „Mein Traum“ steht vor mir – nach so vielen Jahren! Aber leider nicht in meinem Begehungsscheingebiet. Ich kann es aber nicht ändern – zumindest können wir diesen Moment gemeinsam genießen. Ein paar Minuten gönnt der Riese uns diese einmaligen Momente mit ihm, bis er die Wiese weiter zieht. „Papa, das war doch Dein Traum, oder?“ kommentiert Vojtik unsere Begegnung. Ja, das wäre, das war, mein Traum!

Das Wochenende ist vorbei und wir fahren wieder nach Hause – dieses Mal, nach sehr langer Zeit, ohne Waidmannsheil. Doch unsere Begegnung mit diesem Bassen war eine unvergessliche Krönung unserer Jagd – man muss nicht immer Waidmannsheil haben, um unvergessliche Jagdmomente zu erleben.


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