Paules Revier war ein jagdlicher Traum. Noch heute, nachdem er es vor Jahren irgendwann altersbedingt abgeben musste und ich finanziell leider nicht in der Lage war, es zu übernehmen, trauere ich jeder dort verbrachten Stunde nach – und nicht nur ich. Es bestand aus zwei unabhängigen Waldbereichen sowie einem großen, heckenbestückten Feldanteil dazwischen und hatte wunderschöne Rehwildecken, gut Sauen, ab und an Rotwild und eben viele, viele Füchse. Aufgrund der vielen Wildäcker wimmelte es vor Rehen, fast 50 Stück musste Paule jedes Jahr erlegen – was er sehr gerne uns überließ, Rehe waren für ihn Beiwerk. Er wollte immer möglichst schnell seinen Abschuss erfüllt haben – einmal Mitte September erlegte er an einem Wildacker deswegen gleich 11 Stück, beim Bergen im Dunkeln standen bereits die nächsten 10 auf ein und dem selben Acker!

Aufgrund seiner offenen und großzügigen Art war Paule für mich von Anfang an auch jagdlich ein absoluter Glücksfall. Meine einzige Pflichtaufgabe war es, nach den Sauen zu schauen und bei Wildschäden schnell und effektiv einzugreifen, außerdem vermarkteten wir einen Großteil seiner Schalenwildstrecke. Dafür hatte ich quasi völlig freie Hand im Revier und konnte zu jeder Tages- und Nachtzeit tun und lassen, was ich wollte. Paule freute sich fast mehr als ich selbst, wenn ich ihm einen braven Sechserbock präsentierte und die Geschichte dazu vor lauter Freude einfach so aus mir heraussprudelte. Er hörte gebannt zu, wenn ich ihm von einer spannenden Saupirsch im schadensgeplagten Weizen oder im herbstlichen Mastbestand erzählte. Nicht selten schenkte er mir das erlegte Wild sogar schulterklopfend.

Die größte Freude aber bereitete er uns, und damit meine ich eben auch viele meiner Jagdfreunde und vor allem meine härtesten Mitstreiter Ralf und Tim, mit der Handhabung der „Drückerchen“ um sein Haus herum. Ich glaube ernsthaft nicht, dass es irgendwo noch einmal einen Jagdherrn gibt, der hier noch offener ist als Paule – wir durften machen, was wir wollten, und die beiden getrennten Waldteile boten sich perfekt dafür an. Wenn ich im Wetterbericht beispielsweise hörte, das am morgigen Sonntag die Sonne scheinen würde, rief ich einfach Paule an. Die Gespräche verliefen fast immer wie folgt, kurz und prägnant, ein Männertelefonat eben:

„Hallo Paule, alles gut bei Dir? Morgen soll schönes Wetter sein und wir haben nix vor.“

„Na prima – wie viele Brötchen soll ich holen?“.

Das war´s, mehr brauchten wir nicht, Thema geklärt.

Paule hatte nämlich allergrößte Freude daran, uns Jungspunde im Revier herumturnen zu lassen. Er selbst kam eigentlich nie mit, sondern saß auf in seinem Thron am Panoramafenster, zählte die Schüsse und fragte ab und an per Handy nach dem Zwischenstand oder ob er zum Bergen “mit m Hänger kommen“ solle. Sobald wir dann müde, erschöpft und dreckig, aber glücklich seine Auffahrt hinaufrollten, riss er das Fenster auf, lachte lauthals, brüllte jedem von uns ein kräftiges „Waidmannsheil“ zu und freute sich wie ein Schneekönig über unsere kleinen Tagesstrecken, egal ob Fuchs, Rotkalb oder auch mal dicker Keiler. Und was hatten wir für Tage dabei! Viele meiner Freunde schossen ihre erste Sau oder ihr erstes Reh bei Paul, immer wieder knallte es lustig, mir gingen einmal nach sieben Sauen von einem Stand die Patronen aus…


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