Michael Gast: Alles klar, verstanden! Aber was ist mit der Jagd? Unserem Rückzugsort ins Natürliche. Hat die Digitalisierung hier auch schon Wurzeln geschlagen?

Thomas Rödding: Klar, in der Jagd wird es sichtbar digitaler. Das beginnt beim Abrufen des Wetterberichts über Dein Smartphone und geht weiter über das Digitalisieren von Techniken, die ehedem analog funktionierten: Zielfernrohre, Nachtsichtgeräte usw.

Auch die Behörden schlafen nicht. Das NRW-Gesetz „Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung in Nordrhein-Westfalen“ zeigt beispielhaft auf, wohin die Reise geht – nämlich die Volldigitalisierung der Kommunikation zwischen Jagdbehörden, Waffenbehörden und Veterinärbehörden. Mehr und mehr auch mit dem Bürger.

Michael Gast: Ok, und ist das nun gut oder schlecht für das Jagdwesen?

Thomas Rödding: Gegenfrage: Macht diese Entwicklung Sinn und haben wir hinsichtlich der Konsequenzen ausreichend darüber nachgedacht?

Michael Gast: Das klingt aber akademisch! Was meinst Du?

Thomas Rödding: Also, nach meiner Erfahrung wird Digitalisierung häufig wie ein Lichtschalter verstanden: Licht ist an oder Licht ist aus. Digitalisierung an sich ist aber weder gut noch schlecht. Sondern unser Handeln entscheidet über die Ergebnisqualität der Digitalisierung. Das Augenmaß hilft, bewusst zu gestalten, was wir in welcher Breite und Tiefe wie genau digitalisieren.

Michael Gast: Welche digitalen Entwicklungen in der Jagd siehst Du denn tendenziell positiv?

Thomas Rödding: Wir haben viele Bereiche in der Jagd, wo digitale Unterstützung Sinn macht. Als erstes fällt mir da die Jungjägerausbildung ein. Wer von uns alten Jagdhasen wäre denn nicht froh gewesen über eine Lernunterstützung? Viele gute Lern-Apps bieten genau dies.

Generell spricht die Digitalisierung ja die neue Jäger-Generation voll an: Jäger werden jünger. Jüngere Menschen bringen eine andere Selbstverständlichkeit im Umgang mit Technik mit. Salopp gesagt: mehr Menschen mit weniger Hemmungen der Technik gegenüber werden Jäger.

Dann schau Dir die Allrounder-Apps mit Wetter, Revierkarte und Jagdzeiten all-inclusive an. So etwas hat sich in vielen Jägerhänden schon bewährt. Auch ein digitales Jagdtagebuch, bei dem eine Jagdgemeinschaft die bestätigten Böcke untereinander mit ihren Beobachtungen teilt, macht viel Sinn.

Spannend wird es auch da, wo Digitalisierung Dinge ermöglicht, die schlicht vorher unmöglich waren: Wer schon mal durch ein modernes (digitales) Wärmebildgerät gesehen hat, weiß sofort, was spannend an dem Vergleich zum normalen Fernglas ist. Und wer dank digitaler Zusammenarbeit zwischen Drückjagdschütze und Nachsuche häufigeren Erfolg erlebt hat, wird sich auch im Empfinden der Waidgerechtigkeit dem spannenden und nützlichen kaum entziehen können.

Michael Gast: Da bewegt sich echt eine Menge. Ohne Dich älter zu machen, als Du bist, aber Du hast ja bereits eine ganze Branche mit aufgebaut und technisch begleitet: Internet-Druck in der Druck- & Medienindustrie. Aber magst Du mal Glaskugel spielen und Entwicklungsprognosen für die Jagd anstellen?

Thomas Rödding: Ach, so prognostisch ist das gar nicht! Du siehst doch jetzt schon, wie viele Anbieter für Wildkameras, Fallenmelder und Apps mit immer mehr Funktionen auf den Markt strömen, gleichzeitig entsteht ein Dschungel mit digitalen Produkten.


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