Gegen Ben erging deshalb auch ein Strafbefehl wegen Trunkenheit im Straßenverkehr, der rechtskräftig wurde. Der Strafbefehl steht gemäß § 410 Abs. 3 StPO einem rechtskräftigen Urteil, und damit einer „Verurteilung im Sinne § 5 Abs. 2 S.1 Nr.1b WaffG“ gleich.

In Bens Fallkonstellation mochte das Verwaltungsgericht Gießen jedoch keinen Ausnahmefall erkennen.

Ein Ausnahmefall sei nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 13.12.1994, a.a.O.) dann anzunehmen, „(…) wenn die Umstände der abgeurteilten Tat die Verfehlung des Betroffenen ausnahmsweise derart in einem milderen Licht erscheinen lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Straftat begründeten Zweifel an der für die waffenrechtliche Erlaubnis vorausgesetzten Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind. Erforderlich ist danach eine Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen, wie sie in seinem Verhalten zum Ausdruck kommt. (…)“ Maßgeblich für die Entscheidung sei gewesen, dass der gegen Ben erlassene Strafbefehl ein typisches alkoholbedingtes Fehlverhalten im Straßenverkehr zum Gegenstand hatte, das nicht als Bagatelldelikt einzuordnen gewesen sei.

Dies deshalb nicht, weil Ben zum einen mit einem Blutalkoholgehalt von 2,15 g 0/00 auf öffentlichen Straßen unterwegs war und zudem nach ca. 17 km Fahrt versehentlich auf die Trasse einer Straßenbahn abgebogen sei. Die Tat enthielt daher ein erhebliches Gefährdungspotential für andere Verkehrsteilnehmer. Ein Ausnahmefall sei auch nicht etwa deshalb anzunehmen gewesen, weil es sich bei der Trunkenheitsfahrt um ein einmaliges, situationsbedingtes und persönlichkeitsfremdes Verhalten des Antragstellers gehandelt hätte.

Denn nach dem von Ben bei dem Verwaltungsgericht vorgelegten MPU-Gutachten sei nach eigenen Angaben

„(…) die Trunkenheitsfahrt nämlich "das Endresultat von 9 Monaten gewesen, wo auf der Baustelle stark getrunken wurde ... abends 10 bis 15 Gläser Bier und Schnäpse ..." Zwar hatte Ben im Weiteren eingeräumt, dass er nach einem bewussten Wechsel der Baustelle und dem positiven Einfluss seiner Lebensgefährtin sein Trinkverhalten geändert habe. Die dadurch für ihn über das MPU-Gutachten bestätigte positive Prognose im Hinblick auf sein Fahrverhalten stützt evtl. die Bewilligung der Neubeantragung eines Führerscheins.
Im Hinblick auf waffenrechtliche Gesichtspunkte vermag diese positive Prognose jedoch Ben nicht zum Erfolg zu gereichen. Das Verwaltungsgericht begründete seine waffenrechtliche Entscheidung zu Ungunsten von Ben sodann wie folgt:

„(…) dass die damalige Trunkenheitsfahrt des Antragstellers sich gerade nicht als ein einmaliges, situationsbedingtes und persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten des Antragstellers dargestellt hat, da er nach eigenen Angaben über einen längeren Zeitraum Alkohol in erheblicher Menge konsumiert hat mit der Folge, dass sein Verhalten nicht für ihn als ein die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1b WaffG entkräftender Ausnahmefall zu werten ist. Da zudem seit dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Strafbefehls 5 Jahre noch nicht verstrichen sind (§ 5 Abs. 2 S. 1 WaffG), ist mithin davon auszugehen, dass der Antragsteller die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nicht besitzt mit der Folge, dass seine Waffenbesitzkarten gemäß §§ 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. 47 Abs. 2 S. 1 WaffG zu Recht zu widerrufen waren. (…)“ Auch die behördliche Anordnung nach § 48 Abs. 2 S. 1 WaffG, die in Bens Besitz befindlichen Schusswaffen binnen einer Frist von 3 Monaten nach Zustellung der Verfügung an einen Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen sowie dies der Behörde umgehend nachzuweisen, war nach Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtmäßig:

„(…) da nur so effektiv die Gefahren ausgeschlossen werden, die durch den Besitz funktionsfähiger Waffen durch eine Person, deren waffenrechtliche Unzuverlässigkeit festgestellt worden ist, begründet sind.(…)“ Auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO sei rechtmäßig erfolgt. Denn nur mittels der Anordnung der sofortigen Vollziehung könne sichergestellt werden, dass keine Gefahren, die von dem Besitz von Schusswaffen durch einen unzuverlässigen Waffenbesitzer für Leib und Leben Dritter ausgehen, bestehen bleiben.

An der Einschätzung ändere auch der Umstand nichts, dass Ben die mitunter wertvollen Waffen seit mehr als 20 Jahren lediglich sammle und nicht nutze. Das Verwaltungsgericht stellte insoweit unmissverständlich klar:

„(…) Eine Gefahr für Leib und Leben Dritter ist potentiell dann anzunehmen, wenn funktionsfähige Waffen von einem Waffenbesitzer, dessen Unzuverlässigkeit zu Recht festgestellt wurde, besessen werden, da dieser die jederzeitige Gebrauchsmöglichkeit hat. Ein Ausschluss dieser Gefährdung wird demzufolge nur durch Anordnung der sofortigen Vollziehung der Widerrufsverfügung der Waffenbesitzkarten bzw. des Gebotes, diese unbrauchbar zu machen, erreicht. (…)“ Ein Alkoholkonsum mit weitreichenden Konsequenzen.

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