Was es auch immer war, es ließ mich um eine unchristlichste Jagdzeit aufstehen. Vier Uhr dreißig... furchtbar. Ich hasse Morgenansitze, weil ich eben ein Nachtmensch bin. Gemeinsam fuhren wir in den Berg hinauf, es war stockdunkel, Neumond. Und da war es, ein Sternenzelt, wie man es nur in den Alpen sehen kann. Myriaden von Sternen funkelten über mir und ich war das erste Mal wieder völlig hingerissen. Der Aufstieg war anstrengend, mitten in der Nacht, im Wolfsgebiet über handtuchschmale Pfade, hinauf in den Berg. Die Vorstellung, was passieren würde, wenn wir tatsächlich etwas schießen würden, liess ich erstmal nicht zu. Für irgendetwas gibt es schließlich Helikopter. Ich war sowieso damit beschäftigt, immer wieder nach oben zu schauen. Irgendwann, natürlich nach einer gefühlten Ewigkeit, blieb der Mann endlich stehen. Umziehen. Da hat man die Klamotten endlich warm, schon muss man wieder raus, aber er hatte Recht. Also raus aus den völlig durchgeschwitzten Klamotten, anerkennend raunzte er mir zu, dass er nicht erwartet hätte, dass ich wieder so fit bin, und rein in die warmen Sachen.

Wie auf der Berner Jagd üblich, gab es keine Kanzel, keinen richtigen Ansitz, nur den weichen Tannennadelboden. Noch immer war es stockfinstre Nacht. «In 20 Minuten beginnt die Schusszeit, bist du fertig?» Warum sollte ich fertiger sein, als in diesem Moment, ich lag auf dem Rücken, Blick in den Himmel und genoss die stille Nacht. Herrlich.

Auf einmal raschelte es über uns, eindeutig ein grosses Tier, die warme, angekuschelte Stille zwischen uns wich einer angespannten Stille, die jeder Jäger kennt. Überdeutlich hört man jedes Geräusch, jeder Atemzug scheint in den eigenen Ohren widerzuhallen, das Kratzen der Wange am Schaft. Bald beginnt die Schusszeit.


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