Hakuna Matata
Jagdgeschichten

Hakuna Matata

Text Alena Steinbach
Video Wildboar Fanatic
Bilder Alena Steinbach, Marius Elpers

Was denken Sie, wenn Sie Jagdartikel lesen, die wie folgt lauten: „Mein erstes Mal in Afrika“, „Gnu, Warzenschwein und Co.“ oder „Wilde Safari auf der anderen Seite der Welt“? Sind Sie voller Vorfreude auf Erlebnisse und Erfahrungen aus anderen Ländern, die meist so ganz anders sind, als unsere oder überfliegen Sie den Artikel sofort und kehren zu den heimischen Tierarten zurück. Langweilt Sie vielleicht sogar die typische Behauptung, dass wenn man einmal da war, man vom Afrika-Fieber angesteckt wurde und immer wieder hin muss?

Ich sage Ihnen, wie es bei mir war. Für mich erschienen die Bilder und Trophäen immer gleich, mich hat es nicht gereizt Artikel über Jagdurlaube in Namibia oder Südafrika zu lesen. Dabei lesen wir hier bei uns Zuhause auch zahlreiche Jagdgeschichten über Böcke und Sauen, Hirsche und Raubwild. Wie es scheint, wird uns das heimische Wild und die Erlebnisse mit ihnen, nicht langweilig – gut so. Dennoch reihe ich mich nun in die Afrikaartikelschreiber ein und versuche vielleicht mal einen anderen Blickwinkel auf diesen Jagdkontinent zu geben, eigentlich nur auf ein Land und davon nur ein ganz kleiner Teil.

Die Reisenden

10 Stunden Flug klingen erst einmal lang, aber es ist ein Nachtflug und es gibt gute Filme, die Zeit geht schnell vorbei und es erwartet Sie keine oder höchstens eine Stunde Zeitumstellung, wenn Sie nach Windhoek einreisen. Wenn Sie dort in der Früh aus dem Flugzeug aussteigen, sehen Sie eigentlich nichts, außer ein paar Berge am Horizont und ein Flughafengebäude. Sind Sie schon einmal von Lübeck, Frankfurt-Hahn oder Bremen geflogen? Klein dort, oder? Nun ja, die Hälfte an Gebäuden und Flugzeugen und Sie können sich ein Bild vom Flughafen in Windhoek machen. Es ist klein und überschaubar. Wir, die Reisenden, sind übrigens Marius von „Wildboar Fanatic“, der großartige Videos von und über die Jagd macht und auch mich schon das ein oder andere Mal begleitet hat, sein Bruder Jochen und meine bessere Hälfte Max. Gut, über die Bezeichnung mag man sich streiten, meist würde man mich als diese bezeichnen. Gerade Marius, Max und ich sind schon als Trio erprobt und bekannt. Wir können hervorragend zusammen jagen, arbeiten, reisen, Spaß haben und uns verbal die „Köppe einschlagen“. Doch gerade letzteres macht so eine echte Freundschaft doch erst aus.

Der Weg zu unserer Ranch führte durch Windhoek und anschließend einige Kilometer südlich von der Stadt auf sandige und staubige Wege. Wir sahen Wohngegenden die mit Maschendrahtzäunen und hohen Wänden gesichert waren und wenige Kilometer zuvor Wellblechhütten, die mehrköpfige Familien beherbergten. Reichtum und Armut hat sich dort wie Straßennamen abgewechselt. Ein großer SUV auf der Straße, ein Orangenverkäufer auf dem „grünen“ Mittelstück der eben diese trennt. Auch dieses Bild ist für uns nichts Neues und dennoch fällt es uns in fremden Ländern viel deutlicher auf.

Nach einer guten Stunde Fahrzeit passierten wir ein großes Tor, es öffnete sich per Anruf und sollte ungebetene Gäste von den zwei Farmen, die rund 15 weitere Autominuten von dem Tor entfernt lagen, schützen. Nun, von da an begann unsere Woche in Namibia, sieben Tage auf einer Farm, die Rinder, Pferde, Hunde und viele verschiedene Wildtiere beherbergt.

Panorama Hunting Ranch

Der Name sollte sich uns noch erklären. Freudig erwartet haben uns Reini, Tochter Bianca und ihr Mann Hans Gerd. Sowohl Reini, als auch Bianca sind in Namibia geboren und leiten diese Farm nun schon über Generationen. Hans Gerd kam erst vor sechs Jahren dazu. Auch drei Rhodesian Ridgeback und zwei freundliche Mischlinge waren dort Zuhause. Zahlreiche Papageien, Flamingos, Wellensittiche, Enten, Gänse und Hühner erfüllten die Farm mit tollen Farben, Klängen und nützlichen Lebensmitteln.

In erster Linie werden dort aber Rinder gehalten. Circa drei Jahre leben die Simmentaler und Brahmanen dort auf sogenannten Camps. Sie ziehen einmal die Woche um, damit sie „frischeres“ Gras zu fressen haben. Ich konnte kein frisches Gras ausmachen, für mich war es alles ziemlich vertrocknet, brüchig und gelb. Den großen Gefleckten schien es zu reichen, alle sahen prächtig aus, keine Knochen zu sehen. Kaum zu glauben, dass dort genügend Nahrung für so große Tiere ist. Bianca züchtet noch Pferde und rotiert so zwischen den zwei großen Huftieren hin und her. Nebenbei hat sie uns dann noch dreimal am Tag viel zu gut bekocht und uns sicher 2-5 Kilo Übergewicht mit nach Hause nehmen lassen.

Hakuna Matata

Hakuna Matata

Reini

Ja Reini, mit dem haben wir sicher die meiste Zeit verbracht. Vom Frühstück bis zum ins Bett gehen haben wir entweder zusammen gegessen, gejagt oder sind in seinem alten Toyota Pick-Up über die sandigen Straßen der Farm gefahren. Wenn Sie mal mit dem Gedanken spielen in Afrika zu jagen und lieber mit einem eingesessenem und voller Geschichten steckendem Jäger jagen zu wollen, als mit einem vor ein paar Jahren ausgewandertem Neuling, dann kann ich Ihnen diese Farm und Reini nur empfehlen. Ich möchte Ihnen das noch besser beschreiben. Ich habe das Glück, dass mein Schwiegervater in spe von genau dem gleichen „Kaliber“ ist – ein Mann, dem man an den Lippen hängt, weil jede Geschichte so einzigartig und spannend ist, dass man gar nicht aufhören mag zu zuhören. Schade, dass sich die beiden nicht kennengelernt haben. Egal auf welches Nest, welchen Strauch, welchen Hügel oder welches Tier man zeigt, er kennt es nicht nur, er lebt es. Es gab nichts, was er uns neugierigen Europäern nicht beantworten konnte. Es gab zu jedem Tier zahlreiche Geschichten und Besonderheiten zu erzählen. Schmerzlich mussten wir die zu 90 % bedornten Sträuche und Büsche kennenlernen. Reini ist ein erfahrener Jäger, der Sie vor allem mit seinem Wissen mit auf Safari nimmt und der zusammen mit seiner immer freundlichen „Abby“, eine kleine, alte Mischlingsdame aus Terrier und Dackel und dem unglaublichen Pirschführer Zabilon ein unschlagbares Team ist – ein Original eben.

Zabilon ist seit 32 Jahren, seit seiner Geburt, bei Reini und Bianca auf der Farm. Er ist dort aufgewachsen und kennt jeden Weg, jeden Strauch und jedes Tier und so sieht er auch auf 400 m eine Kudukuh hinter Sträuchern, die wir noch mit dem Fernglas 5 Minuten suchen müssen - oder einen Wasserbock, den er binnen Sekunden bezüglich Alter und Stärke ansprechen kann. Selbst nach Tagen standen wir mit offenem Mund auf dem Pick-Up und konnten nicht fassen, wie er die Zebras weit oben in den Bergen erspähen konnte. Zebras sind zwar schwarz/weiß gestreift und man könnte denken, sie würden dadurch aus der Umgebung herausstechen wie ein Pavianhintern im Schnee, aber sie tun es nicht, glauben Sie es mir. Wenn sie sich nicht bewegen, sind sie eins mit ihrer Umgebung und bestes getarnt. Es war uns jedenfalls eine Ehre Zabilon bei der Arbeit zu zuschauen.

Eine Farm

Nun, das Wort Farm schreckt viele und mich einbezogen erst einmal ab – zumindest bezüglich Jagd. Tiere, die in Zäunen leben und keine Chance haben sich vor uns zu verstecken, geschweige denn zu flüchten. Die Panorama Ranch, ich komme noch zur Namenserklärung, nennt ca. 6.000 h ihr Eigentum. Wenn Sie sich nun genauso viel darunter vorstellen können wie ich, ist Ihnen wenig geholfen. 6.000 h sind ungefähr 12.000 Fußballfelder – also durchaus eine ganze Menge Land. Ich bin die letzte, die in Zäunen oder Gattern jagen würde, aber dort musste ich meine Meinung etwas revidieren. Laut Reini gibt es in Namibia bis auf Kommunalland sowieso kein freies Land und während vollen 7 Tagen und ca. 6-7 Autostunden am Tag haben wir immer noch nicht alles sehen können. Oryx, Kudu und Co., die wir sehen und anpirschen konnten, waren nach dem nächsten Hügel verschwunden, weg, nie wieder gesehen. Wie konnten so große Tiere in so kurzer Zeit in so kleinen Sträuchern und Bäumen verschwinden? Die konnten es. Auch wenn die Tiere hier eingezäunt leben, sind sie frei, verschwinden und tauchen auf, wie sie es wollen und genießen den großen Vorteil immer Zugang zu Wasser zu haben und dieses Privileg ist überlebenswichtig auf einem Kontinent wie Afrika. Nun muss jeder selbst entscheiden, ob das als eingegattert zählt oder nicht. Für mich waren die Tiere dort „ziemlich frei“, auch wenn ich einen Funken Unwohlsein diesbezüglich verspürte.

Panorama

Panorama

Für mich unerwartet, waren die ganzen Berge dort. Egal in welche Richtung wir schauten, überall erhoben sich kleine und größere Spitzen. Alle hatten einen Namen, Reini kannte sie alle - natürlich. Viele dienten früher und heute noch zur Orientierung und vor allem als Richtungsangaben, wenn etwas passiert ist. Wenn beispielsweise ein Feuer ausgebrochen ist, war es sehr viel deutlicher einen Berg zu benennen, als „na da“ als Beschreibung über das Telefon zu vermitteln.

Zurück zum Namen. Grundsätzlich befindet sich die Ranch bereits auf 2.000 Höhenmetern, was wir durchaus merkten. Sie Sonne war heiß und aggressiv, die Luft trocken und sauerstoffarm. Unsere Körper mussten sich daran gewöhnen, Jochen viel es die ersten Tage ganz besonders schwer. Am Dienstag sind wir alle abends auf den höchsten Berg der Farm gefahren. Gute 2.300 m trennten uns vom Meeresspiegel und die Fahrt dorthin erforderte das ein oder andere Mal Luft anhalten. Es war steil und der alte Toyota hatte einen enormen Wendekreis in den serpentinenähnlichen Straßen. Oben angekommen wurde uns allen schlagartig klar, warum dieser Ranch das Wort Panorama vorweg gesetzt wurde. Schauen Sie sich die Bilder an, wir konnten leider weder die Stimmung, noch die Weite und Schönheit darin einfangen, aber sie war atemberaubend. Keiner von uns hat vorher so einen Sonnenuntergang erlebt. Neben dem Essen und den Geschichten von Reini, schon der dritte Grund definitiv eine Reise dorthin zu unternehmen. Wären unsere Augen nicht so schwach gewesen, hätten wir bis ans Ende der Welt gucken können.

Die Ranch

Die Jagd

Wie schon angedeutet haben wir die meiste Zeit mit Reini, seiner weiblichen Begleitung Abby, Zabilon und dem zuverlässigen Toyota verbracht. Wir haben Sable (Rappenantilope) gesehen, Roan (Pferdeantilope), Hartebeest (Kuhantilope) Oryx, Kudu, Wasserbock, Warzenschwein, Affe, Leopard, Blessbock, Gnu, Giraffe, Eule, Varan und vieles mehr. Ja, auch zwei Giraffen waren dort vor Ort. Wenn auch nicht auf natürliche Art und Weise, wohnen die beiden Langhälse dort seit einigen Jahren und sind definitiv ein echtes Fundstück in der Umgebung.

Für uns kam keine Jagd vom oder am Auto in Frage und Reini legte großen Wert auf das richtige Ansprechen. Nur wirklich alte Stücke sollten erlegt werden. So konnten wir während den Tagen wirklich spannende Jagden erleben und alte Kämpfer sauber zur Strecke bringen. Die Jagden lassen sich nur schwer in Worte fassen, Sie alle wissen das und daher sind wir sehr froh, dass Jochen die meisten unserer Pirschgänge begleitet hat und tolle Videos machen konnte. Daher bitte ich Sie das folgende Video anzuschauen und uns nahezu live zu begleiten. Denn bekanntlich sagen Bilder mehr als tausend Worte.

Nur zu meiner Jagd möchte ich noch ein paar Worte verlieren, weil wohl auch nur der Jäger selbst die richtigen Worte für sein eigenes Erlebnis finden und aufschreiben kann. Ich bin in erster Linie mit nach Namibia geflogen, weil ich noch nie in Afrika war, weil ich die dortige Flora und Fauna kennenlernen wollte. Vor allem die Tiere, ihre besonderen Farben und Größen, ihre Merkmale und Eigenarten, ihr Verhalten und ihren Lebensraum. Zu jagen war für mich zweitrangig, wer mich und meine Einstellung kennt, weiß, dass ich weder ein Trophäenjäger bin, noch Geld für diese ausgebe. Ich verurteile Jäger, die das tun nicht, sonst müsste ich bei Max und Marius anfangen. Jeder soll nach den Prinzipien jagen, die ihm Freude bereiten, die dem Land und Tieren gut tun und die moralisch vertretbar sind. Wie immer und das predige ich gern, geht es um Verständnis und Toleranz anderen Einstellungen gegenüber.

Nun denn, ich schlich also bei jeder Pirsch mit, filmte, machte Fotos und freute mich mit den Erlegern. Vor allem Max Kudu treibt mir heute noch ein Lächeln ins Gesicht. Er hat sich sehr gefreut und war eine ganze Zeit lang sprachlos – das erlebe ich leider sehr selten bei ihm. Zum Glück haben wir die stotternden Worte auf Video.

Es war mittlerweile Freitag, letzter Jagdtag und Reini fragte mich, ob ich ihm ein Fleischoryx schießen könnte und wollte. Ein Fleischoryx klingt gut. Auf der Farm gibt es zahlreiche hungrige „Mäuler“ zu stopfen - uns eingenommen. Erst am Nachmittag, als die Sonne schon langsam die Berge in eine warme Farbe tauchte, für mich übrigens die schönste Tageszeit dort, entdecken wir eine Gruppe Oryx. Sechs Stück spähten aus einiger Entfernung sofort zu uns herüber. Zabilon und Reini entschieden, das wir ihnen hinterhergehen sollten. Auch Jochen kam mit, um alles für Nachwelt festzuhalten. Wir schlichen also lautlos wie Indianer hinter Zabilon her, er war natürlich viel schneller und leiser als wir. Einmal habe ich mich so in einem Dornbusch festgefahren, dass ich nach Sekunden des vorsichtigen Fummelns sowohl auf meine Hose, als auch auf mein Bein keine Rücksicht mehr genommen habe – noch in Deutschland habe ich mir die elenden Widerhaken der Dornen aus den Oberschenkeln gepuhlt.

Nach ein paar 100 Metern hatten wir sie eingeholt und zwar ordentlich, denn sie waren auf einmal 40 m vor uns und wir drei hatten einen kleinen Strauch als Deckung. Eine alte Kuh stand frei und nachdem ich mich bei Zabilon abgesichert hatte, dass sie keine Kälber haben, konnte ich der alten Dame zügig einen tödlichen Schuss antragen. Sie rollte noch ca. 30 m auf den nächsten Weg und lag so nun perfekt für ein leichtes Aufladen. Hakuna Matata, es heißt die Sorgen bleiben Dir immer fern und genau das habe ich in dem Moment gedacht und gesagt, Sie sehen es ja im Video. Wir sind die letzten Schritte der Kuh ausgegangen und ich bat um Abstand und Ruhe. Die letzten Atemzüge sollte ein Tier niemals in Beisein von uns machen. Reini hat sich riesig gefreut und fiel mir in die Arme, dass war fast das Schönste an der ganzen Jagd. Einen 75jährigen Jäger so zum Strahlen zu bringen, trotz unendlich vieler Jagden, die er durch- und erlebt hat. Auf dem Rückweg schenkte er mir dann noch die Hörner der alten Dame: „Nimm sie mit nach Deutschland“, murmelte er mir zu. Zum Glück saß ich hinten und keiner konnte die glasigen Augen von mir sehen. Sie wird sicherlich einen schönen Platz bekommen und mich vor allem an den urigen Reini, seine Geschichten und sein Feuer für das Leben dort, erinnern.

Mitten drin, statt nur dabei

So kann man den Urlaub und die Erfahrungen dort sicher beschreiben. Wir aßen alle Mahlzeiten zusammen mit der Familie an einem Tisch. Wir bekamen den täglichen Ablauf und die Aufgaben einer Rinder- und Jagdfarm mit und erlebten so sicher mehr persönliche und reale Einblicke in ein Leben in Afrika, als manch anderer auf großen Farmen. Hier wurde kein Blatt vor den Mund genommen, weil Gäste vor Ort waren. Probleme und Diskussionen gibt es eben in jeder Familie und in jedem Betrieb. Wer Afrika live erleben will, der ist hier sicher gut aufgehoben.

Hakuna Matata

Ich habe so viele Informationen und Erfahrungen weglassen müssen, sonst hätte ich eher ein kleines Buch, als einen Erlebnisbericht geschrieben, aber so abgedroschen es klingt, so oft Sie es vielleicht auch schon gelesen oder gehört haben: Afrika ist definitiv eine Reise wert und ich freue mich sehr darauf, bald ein anderes Land dort unten kennenzulernen. Das bekannte „Afrikafieber“ habe ich dort zum Glück nicht bekommen, denn schon nach einer Woche habe ich mich auf meine Heimat, das Revier und vor allem meine drei Vierbeiner gefreut. Zuhause ist es eben doch am schönsten.

Weitere Informationen zu der Panorama Hunting Ranch finden Sie auf www.panoramahuntnamibia.com oder bei Facebook.


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