Der heutige Beitrag soll aufzeigen, wie wichtig es ist, der gesetzlichen Forderung nach dem Abschluss einer Wildfolgevereinbarung zu entsprechen. Nicht nur, um Fragen der Aneignung von angeschossenem Wild im Wege der Nachsuche resp. Wildfolge zu klären, sondern vor allem im Sinne des Tierschutzes. Im Klartext: Wer hat das Recht am Wildbret, der Trophäe? Der Jäger aus dem Ursprungsjagdbezirk oder derjenige aus dem Folgejagdbezirk, in welches das Wild eingewechselt und letztlich zur Strecke gekommen ist.
Mirko und Holger sind jeweils Revierpächter einer Eigenjagd. Von dem Abschluss einer sog. Wildfolgevereinbarung haben sie bislang stets abgesehen, schließlich kennt man sich seit vielen Jahren.
Aber dann kam es wie es kommen musste: Falk, der Sohn von Holger beschoss ein Wildschwein im Jagdbezirk seines Vaters. Das Wildschwein verendete nicht sofort, obwohl es nach Ansicht von Falk tödlich getroffen worden war. Am darauffolgenden Morgen wurde ein anerkannter Schweißhundeführer hinzugezogen. Dieser führte mit Jan, dem weiteren Sohn von Holger, der ebenfalls Mitpächter des Reviers ist, die Nachsuche durch. Als die Nachsuche stattfand, waren sich alle Beteiligten einig, dass das Wildschwein sicherlich verendet ordnungsgemäß aufgefunden werde. Das Wildschwein wurde schließlich auch im Jagdrevier von Mirko tot aufgefunden. Das Tier hatte zuvor noch einen weiteren Jagdbezirk durchquert. Der Schweißhundeführer und Jan zogen Mirko hinzu. Gemeinsam wurde das Wildschwein in Augenschein genommen. Nachdem es zu Meinungsverschiedenheiten gekommen war, wem das Wildschwein zustehe, nahm zuerst Jan das Wildschwein an sich und brachte es in eine Kühlung. Später meldete sich jedoch Mirko und beanspruchte das Wildschwein für sich, woraufhin Holger das Wildschwein schließlich herausgab. Holger gab Mirko jedoch unmissverständlich zu verstehen, dass das Wildschwein ihm gehöre.
Weil sich Mirko und Holger nicht einig wurden, beauftragte Holger einen Rechtsanwalt mit der Verfolgung der Angelegenheit. Holger forderte Mirko auf, an ihn Wertersatz in Höhe von 150,00 € zu zahlen, was bei einem geschätzten Gewicht von 50 kg und einem Kilopreis von 3,00 € marktangemessen war. Holger meinte, dass ihm nach dem Landesrecht das Wildbret zustünde und beruft sich auf § 27 Abs. 4 NJagdG.
(4) 1 Kommt krankgeschossenes Wild im Nachbarjagdbezirk zur Strecke, so stehen das Wildbret und die Trophäen abweichend von § 1 Abs. 1 und 5 des Bundesjagdgesetzes dem Jagdausübungsberechtigten des Jagdbezirks zu, in dem das Wild krankgeschossen worden ist, es sei denn, die Nachsuche wurde endgültig aufgegeben. 2 In den Fällen des Satzes 1 ist das Wild abweichend von § 25 Abs. 6 auf den Abschussplan des Jagdbezirks anzurechnen, in dem das Wild krankgeschossen worden ist, und auch in die Abschussliste dieses Jagdbezirks einzutragen.
Mirko hingegen beurteilte dies völlig anders und beruft sich auf § 1 Abs. 1 und 5 Bundesjagdgesetz (BJagdG).
§ 1 Abs. 1 BJagdG besagt:
„(…) Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur Hege verbunden. (…)“
§ 1 Abs. 5 BJagdG
(…) Das Recht zur Aneignung von Wild umfasst auch die ausschließliche Befugnis, krankes oder verendetes Wild, Fallwild und Abwurfstangen sowie die Eier von Federwild sich anzueignen. (…)“
Mirko beruft sich auf die Vorschrift des § 11 Abs. 1 BJagdG
„(…) Die Ausübung des Jagdrechts in seiner Gesamtheit kann an Dritte verpachtet werden. Ein Teil des Jagdausübungsrechts kann nicht Gegenstand eines Jagdpachtvertrages sein; jedoch kann sich der Verpächter einen Teil der Jagdnutzung, der sich auf bestimmtes Wild bezieht, vorbehalten. (…)“ und meint, dass, betrachtet man o. g. Vorschrift genauer, so gestatte diese ihm das Recht zur Aneignung allein als dem zur Ausübung des Jagdrechts berechtigten Jagdpächter des Reviers, in welchem das beschossene Wildschwein gefunden worden ist. Dem stehe auch nicht § 27 Abs. 4 NJagdG entgegen.
„(…) Kommt krankgeschossenes Wild im Nachbarjagdbezirk zur Strecke, so stehen das Wildbret und die Trophäen abweichend von § 1 Abs. 1 und 5 des Bundesjagdgesetzes dem Jagdausübungsberechtigten des Jagdbezirks zu, in dem das Wild krankgeschossen worden ist, es sei denn, die Nachsuche wurde endgültig aufgegeben. (…)“
Schließlich breche doch Bundesrecht, Landesrecht. Das hat er jedenfalls mal so gelernt.