In meiner Welt hatte ich den ruhigsten Welpen des Wurfes ausgesucht. In meiner Welt würde der kleine Schatz nachts ganz friedlich in einem liebevoll von irgendwem mundgeklöppelten Weidenkörbchen an meiner Seite liegen und schlafen.

Morgens würde ich ihn wecken und rauslassen, er wäre binnen kürzester Frist stubenrein, wohlerzogen und alle würden sagen „hoho, da kommt Carola mit ihrem Rudi, das ist aber ein feiner Hund, guck mal wie lieb und gut der folgt und ein richtiger Knaller bei der Jagd hoho“…

Ich muss immer schmunzeln, wenn ich an unsere Anfänge denke. Während ich das schreibe, gucke ich automatisch auf den Platz links von mir auf der Eckbank in der Küche. Dein Platz. Ohne Dich.

Es war Winter und ausnahmsweise lag Schnee, als du zu mir nach Hause kamst. So klitzekleine Hunde mit fast ohne Beine mögen nicht so gern kalten Schnee am Bauch. Das habe ich in den ersten Tagen sehr schnell gelernt. So schaufelte ich dir den Garten frei. Alles für den Dackel- sie wissen ja, wie das läuft. Ich war hoch ambitioniert. Sollte aus dir doch der, über Niedersachsens Grenzen hinaus, bekannte, berühmt berüchtigte und vielleicht sogar gefürchtete Jagd-Dackel Rudi werden. Letztlich war es so, aber ein bisschen anders, als ich ursprünglich geplant hatte.

Die ersten Prüfungen liefen alle ganz gut. Unseren Termin im Saugatter hat sich der Gattermeister sicher rot im Kalender angestrichen. Ich hatte weder eine Ahnung, was in einem Saugatter so abging, noch was du zu leisten im Stande bist. Am Ende des Tages wusste ich es und machte sofort einen Termin für das Anpassen einer Schutzweste.

Schwarzwild wurde zu deiner und unserer Passion. Wo du auch in deiner Weste aus dem Auto stiegst, wurdest du belächelt, manchmal sogar verspottet. Aber wenn Sauen im Treiben waren, hast du sie gefunden und auf die Läufe gebracht. Mehr als einmal hörte ich nach der Jagd am Streckenplatz die Jäger über den kleinen schwarzen Hund in der bunten Weste und den Glöckchen reden und niemand machte sich mehr lustig. Ich bin so wahnsinnig stolz auf dich.

Wir wurden ein Team.

Du hast einen irren Familiensinn und einen manchmal erschreckenden Beschützerinstinkt. Ich habe mich immer und zu jeder Zeit auf dich verlassen können. Manchmal habe ich deinem Instinkt misstraut und ein ums andere Mal hast du mir bewiesen, dass der Spruch „der Hund hat immer recht“ seine Berechtigung hat.


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