Es ist empfehlenswert, nicht zu warten und sich umgehend an ausgewiesene Experten, den Fachanwalt oder die Fachanwältin für Strafrecht zu wenden, auch wenn guter Rat teuer ist, sprich Geld kostet. (Wer zur Anwaltssuche mehr Information benötigt, dem sei der Artikel "Wenn guter Rat gefragt ist…" in der WIR JAGEN Juni / Juli Ausgabe dazu empfohlen.)
Unser Fall ist damit bearbeitet.
Aber auch dann sei der guten Vollständigkeit halber erwähnt, dass es Wilderei und deren Auswirkungen in weiteren gesetzlichen Bereichen in einer Vielzahl von Ausprägungen gibt. So ist das Erlegen von Wild vom eigenen Revier aus im Nachbarbezirk nicht nur Wilderei, sondern auch Verstoß gegen das WaffG durch unerlaubtes Führen einer Waffe und Schießen, denn das ist nur im Rahmen der befugten Jagdausübung erlaubt.
Auch der Mitpächter der einem Dritten die Jagdausübung erlaubt, z.B. einen Gast ins Revier mitnimmt, damit dieser sich mit Waffe ansetzt oder pirscht, also ihn die Jagd ausüben lässt, ohne dass alle übrigen Mitpächter zugestimmt oder ihn hierzu bevollmächtigt haben, ist Täter einer Wilderei, da er das Jagdausübungsrecht seiner Mitpächter verletzt.
Die Aufzählung von Beispielen ließe sich noch weiter fortsetzen. Bei deren rechtlicher Beurteilung kommt es stets auf den Einzelfall an.
Das Ergebnis:
Wird fremdes Jagdrecht oder Jagdausübungsrecht vorsätzlich und rechtswidrig verletzt, liegt Wilderei vor.
Jagdgast F. hatte sich nicht an die Freigabe gehalten und einen Bock erlegt, der ihm nicht freigegeben worden war. Das war F. auch bewusst.
Es reicht schon bedingter Vorsatz, also die billigende Inkaufnahme etwas zu tun, was man nicht darf. Nachdem F. aber dem Jagdherrn sogar bestätigt hatte, dass ihm klar war, dass er diesen Bock nicht erlegen darf, wird man hier sogar von absichtlichem Handeln als stärkste Handlungsform auszugehen haben. Mehr geht nicht.
Die möglichen Folgen seines unbedachten Handelns, hatte der Jungjäger vermutlich nicht bedacht. Glück im Unglück war für F., dass der Jagdherr als erfahrener Strafrechtler die möglichen Folgen eines Strafverfahrens abschätzen konnte und auf eine Anzeige verzichtet – auch wenn die Mitjäger das ganz anders sehen – das Strafantragsrecht obliegt allein dem Jagdausübungsberechtigten, dessen Rechte im Sinne des § 294 StGB verletzt wurden. Wird ein Strafantrag gestellt, dann muss die Behörde auf diesen Antrag hin tätig werden. Aber auch dann, wenn kein Strafantrag gestellt wird, kann und in manchen Fällen, z.B. im schweren Fall des Absatz 2 muss die Behörde tätig werden, wenn sie vom Sachverhalt erfährt.
Die Sache ist damit nicht vom Tisch. F muss zusätzlich damit rechnen, zivilrechtlich in Anspruch genommen zu werden, also Schadensersatz leisten zu müssen.
Als Gast sowieso, aber auch als jeder, der in einem Jagdbezirk die Jagd ausübt, sollte man sich streng an die gesetzlichen Vorgaben und an die Vorgaben des Inhabers des Jagdrechts bzw. des Jagdausübungsberechtigten halten.
An seinen ersten Bock wird F. wohl noch lange zurückdenken.
Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Oliver Eckert