Die Sitze waren einer idyllischer gelegen als der andere, die Kirrungen nie weit entfernt und die Sitze so gebaut, dass diese auch vom weiblichen Teil der Jägerschaft zu erklimmen, zu besetzen und vor allem auch zu nutzen waren. Jeder von uns hatte sich bereits in einen der Sitze verliebt und so passte es ganz genau, dass jeder am späten Nachmittag dort ansitzen durfte, wo er am liebsten wollte.

Nach der Kirrrunde fuhren wir wieder in die Hütte um Brotzeit zu machen. Überall hatten wir Rot- und Gamswild gefährtet und waren nun gestärkt und gespannt wie ein Flitzebogen, was der Ansitz ergeben würde. Auf dem Weg zum Sitz hörte es auf zu schneien und so saß ich in meinem Häuschen und harrte der Dinge, die da kommen würden.

Ich bin immer wieder fasziniert von der Stille im Schnee. Jegliches Geräusch wird verschluckt und dennoch kann Schnee an sich so laut sein. Meine Vorstellung war, dass ich auf JEDEN Fall herannahendes Wild aufgrund der Schneedecke hören würde. Die ganze frische Luft und die Anstrengungen vom Schnee schippen und kirren ließen meine Äuglein etwas müde werden und mich vielleicht, unter Umständen, eventuell auch für einen klitze-klitzekleinen Moment einnicken. Glücklicherweise hatte ich meinen persönlichen Wildwarner dabei, der mir mit sanfter aber sehr kalter Nase zu verstehen gab, dass ich besser mal aus dem Fenster schauen sollte. Ein Hirsch stand auf der Kirrung. Was für ein Anblick und das bei mir, die bisher im Jägerleben genau ein einziges Mal zuvor diese Tierart in freier Wildbahn gesehen hatte. OK, also weiter durchs Glas spioniert und entschieden, dass dieser kein Hirsch zum Abschuss war. Jedenfalls nicht, wenn ich mit dem Gedanken spielen sollte, nochmals wieder kommen zu wollen.

Es war majestätisch. So anmutig und kraftvoll bewegte sich der Hirsch durch den Schnee. Herr Rudi war ebenfalls sehr gebannt und verlor die Balance, um dann mit einem lautem Gerumpel vom Sitzbrett zu plumpsen. Schade dachte ich bei dem Geräusch, jetzt ist er sicher weg. Aber der Hirsch schien nicht beeindruckt, warf nur kurz auf und äste dann weiter. Fasziniert beobachtete ich das Stück bis es dann fast lautlos im Wald verschwand. Schon unheimlich wie sich geschätzte 150 kg ohne Geräusch bewegen können.

Zur verabredeten Zeit baumten wir ab und ich entschied, dass das Erlebte bis jetzt bereits als bestes Weihnachtsgeschenk in meine Memoiren eingehen sollte. Auf dem Weg in die Hütte berichtete ich aufgeregt von meinem Erlebnis und die beiden erfahrenen Jäger lächelten still.

Am Abend aßen wir selbstgemachten Leberkäse, das Feuer prasselte im Ofen und wir erzählten Jägerlatein. Es war so, als kannten wir uns alle schon ewig, eine Vertrautheit und Herzlichkeit, wie ich sie selten erlebt hatte. Meinem Freund hatte es am Abend beim Abbaumen im Schnee von den Beinen geholt und so entschieden wir, am Morgenansitz kein Risiko einzugehen und seine Waffe erstmals wieder nach einen Probeschuss wieder zu benutzen. So saßen wir gemeinsam am nächsten Morgen an und warteten.


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