
Seit einiger Zeit revolutioniert eine neue Optik alles bisher Erlebte: Wärmebildgeräte öffnen immer mehr Jägern in Deutschland buchstäblich die Augen. Wir Jagen testete einige der Revoluzzer in der Praxis und stellt die Ergebnisse vor.
Im letzten Monat hatten wir das weitreichende jagdliche Anwendungsspektrum von Wärmebildgeräten im Allgemeinen dargestellt und mit der osteuropäischen Quantum Pulsar gleichzeitig bereits eine Geräteserie getestet. Hier nun der zweite namhafte Testkandidat: Das Scout II 640 des amerikanischen Herstellers Flir.
FLIR, der Name ist erst einmal Programm: er dürfte den meisten ein Begriff für den Bereich der Thermographie sein, nicht zuletzt, da man dort über einen enormen Erfahrungsschatz im Sicherheits- und Militärbereich verfügt. Auch ich habe meine ersten WBG-Erfahrungen vor einigen Jahren mit einer Flir gemacht. Aktuell getestet haben wir eine Scout II 640, für die ein kurzer Ausflug ins Internet Preise um die 3.600 EUR ausspuckt (allgemeine Anmerkung dazu: Vorsicht beim Kauf mit einem reinen Preisvergleich als einziges Argument für oder gegen einen Händler. Der kleine Hinweis „zzgl. MwSt.“ innerhalb eines Internetangebotes zum Beispiel ist für mich zwar bereits hochgradig unseriös, wird aber von vielen surfenden Interessenten nach dem Motto „Geiz ist geil!“ gerne überlesen.)
Um es gleich vorwegzunehmen, schließlich handelt es sich hier um einen Vergleichstest: mit dieser Preisspanne liegt das Scout II 640 über dem momentanen Topgerät von Pulsar, der XQ50, kann sich aber meiner persönlichen Meinung nach nicht damit messen. Aber gehen wir ins Detail, in meinem Fall heißt das also immer in die Praxis:

Die Scout II ist mit rund 340 Gramm leicht und handlich. Sie verfügt über einen festverbauten Akku, was man je nach eigenen Vorlieben als Vor- oder Nachteil werten kann. Ich selbst bin da gerade im Ernstfall sehr gerne flexibler, weiß allerdings auch, dass beispielsweise die schnell und umstandslos auch zwischen verschiedenen Geräten zu wechselnden Batteriecontainer von Pulsar dort einen baulichen Schwachpunkt darstellen, der ab und an zurechtgedrückt oder gar aussortiert werden muss. Der Festakku der Flir jedenfalls verfügte zumindest bei unserem Neugerät und den aktuell warmen Temperaturen über eine erstaunlich lange Laufzeit von rund sechs bis sieben Stunden, werkseitig wird hierfür zutreffend „> 5 Stunden“ angegeben. Bei schonender Nutzung hält das Gerät damit durchaus auch mehrere Jagdnächte hintereinander aus und kann zudem mit einer Powerbank aus dem Zubehörbereich, über den Laptop oder den Zigarettenanzünder wieder aufgeladen werden. Anders als bei den Vorgängermodellen sind inzwischen keine Photo- oder Videoaufnahmen mehr möglich, auch die neuen Flir-Modelle sind also inzwischen reine WärmebildGERÄTE, nicht mehr –KAMERAS.
Das Gerät fährt innerhalb von zwei Sekunden hoch (Pulsar: XQ ebenso, XD als Vorgängerserie etwa sechs Sekunden) und ist dann voll einsatzbereit. Es verfügt über einen zwei- bzw. vierfachen digitalen Zoom (Pulsar: bis 16,4, was bei einem digitalem Zoom aber kaum noch sinnvoll ist), die Scharfstellung auf weitere Entfernungen ist aber nicht wirklich beeindruckend. Die Scout II-Serie arbeitet leider nur mit einer Bildwechselfrequenz von 9Hz, was beim Abglasen von größeren Flächen deutlich nervt, da das Bild dann immer wieder stockt.
Die Vergleichsgeräte von Pulsar haben selbst in der älteren XD-Linie schon 50Hz-Prozessoren, was einen sehr deutlichen Unterschied macht.
Verschiedene Aufnahmen durch die Flir
- Reh in einer Wiese. Wärme wird hier schwarz dargestellt.

- Wieder ein Reh, dieses Mal wird Wärme weiß dargestellt und der Autor befindet sich vorne links im Bild.

- Oben am Bildrand sind drei Sauen zu erkennen, rechts im Bild der Auto, gerade auf dem Weg zu ihnen.

- Mehrere Stück Rehwild auf ca. 150 m Entfernung.


Dies fällt umso mehr ins Gewicht, als dass das Flir anders als die Pulsar-Geräte nicht etwa nach Wunsch kalibriert, also bei Bedarf quasi jederzeit neu eingenordet werden kann, sondern regelmäßig etwa 2-3 Mal in der Minute taktet. Dadurch kann man in der Praxis wertvolle Ansprechzeit verlieren, wenn das Bild hängenbleibt, aber auch wertvolle Akku-Laufzeit, wenn ein Kalibrieren gar nicht notwendig gewesen wäre.
Wärmequellen werden wahlweise in schwarz, weiß oder drei verschiedenen roten Alarm-Modi angezeigt, die sogenannte „Man-Detection-Range“, also die Entfernung, bei der auf freier Fläche ein 1,80m großer Mensch angezeigt werden sollte, wird werksseitig mit 1.140m angegeben – also über 600m weniger als das Pulsar-Vergleichsgerät XQ50. Für die Scout II-Version „Hunter“ werden dagegen 1.870m angeben – diese kostet aber dann sogar noch einmal rund 1.000 EUR mehr. Insgesamt fällt schon das Ansprechen der Wildarten bei Entfernungen über 200m schwer.
In meinem persönlichen Fazit –so etwas ist natürlich immer auch Geschmackssache- fällt eine Flir Scout II 640 trotz ihres höheren Preises deutlich hinter die Pulsar-Vergleichsgeräte zurück. Sie ist aber per se durchaus sehr jagdtauglich, im gesamten, großen Einsatzspektrum von Wärmebildgeräten einsetzbar und basiert durch den langjährigen Erfahrungsschatz des Herstellers auf einem soliden Hintergrund. Auch der festverbaute, langanhaltende Akku dürfte für den einen oder anderen ein gutes Kaufargument sein.