Jäger werden ist nicht schwer...
Jagdgeschichten

Jäger werden ist nicht schwer...

Text: Carola Rathjens
Bild Ales Maxa

... ein Vergleich der unterschiedlichen Anforderungen zum Erlangen eines Jagdscheines in Deutschland und in angrenzenden Ländern

“Jäger werden ist nicht schwer,...” Diese arg abgedroschene Phrase hat ihre Ursprünge sicher in der Steinzeit in der man in der Wahl seiner Freizeitgestaltung arg eingeschränkt war. Was heutzutage dem willigen Jagdscheinanwärter abverlangt wird, ist nicht ohne. Vieles hat sich über die Jahre verändert, nach Meinung der “alten” Jäger, nicht alles nur zum besseren. Die Prüfungen sind teilweise vereinheitlicht und vereinfacht worden und es ist nicht mehr zwingend nötig, einen Lehrprinz zu haben, der den Jagdscheinanwärter vorab in die grüne Materie einweist und einen Einblick darüber gibt, was es denn bedeutet, Jäger zu werden, zu sein, das Handwerk auszuüben und was dies alles beinhaltet.

Wer in Niedersachsen den Jagdschein erwerben möchte, kann sich wahlweise in einer Jagdschule anmelden und dort je nach Gusto z. B. einen 2-4wöchigen Kurs besuchen oder sich bei der Kreisjägerschaft zu einem Kurs anmelden, der zwischen 6 und 8 Monaten dauert. Dann muss sich der Aspirant einer dreiteiligen Prüfung stellen. Diese besteht aus der Schießprüfung, der schriftlichen Prüfung sowie der mündlich/praktischen Prüfung.

Die Schießprüfung hat bestanden, wer auf der Rehbockscheibe auf 100 m Entfernung mindestens 25 von 50 möglichen Punkten erzielt, auf den laufenden Keiler in 50 m Entfernung aus jagdlicher Erwartungshaltung mindestens 2 Treffer von 5 Schuss platzieren kann und wer von 15 Wurfscheiben aus jagdlicher Erwartungshaltung mit jeweils höchstens 2 Schüssen mindestens 5 Treffer Trap erreicht.

Für die schriftliche Prüfung werden 20 Fragen mit je 3 Antwortmöglichkeiten in 5 Fachgebieten (1. dem Jagdrecht unterliegende und andere frei lebende Tiere, 2. Jagdwaffen und Fanggeräte 3. Naturschutz, Hege und Jagdbetrieb, 4. Behandlung des erlegten Wildes, Wildkrankheiten, Jagdhundewesen, jagdliches Brauchtum, 5. Jagdrecht und verwandtes Recht) gestellt. Der gesamte Fragenkatalog aller 5 Fachgebiete umfasst 1.500 Fragen, die als Download bereit stehen- natürlich ohne Antworten.

Idealerweise wird man bei der mündlich/praktischen Prüfung in einem kleinen Parcours in eben jenen 5 Fachgebieten jeweils ca. 15 Minuten mündlich und praktisch geprüft.

Hat man als Anwärter nun all diese Anforderungen glücklich bestanden, taucht bei der zuständigen unteren Jagdbehörde mit einem Lichtbild, dem Prüfungsnachweis sowie der Versicherungsbescheinigung auf, dann endlich erhält man druckfrisch ausgestellt in einem frischen apfelgrün den gültigen Jagdschein.

Die an Deutschland angrenzenden Länder haben ihre ganz eigenen Gesetze. Nachstehend ein paar Beispiele dafür:

POLEN: Um in Polen einen Jagdschein zu erhalten ist es erforderlich, mindestens 18 Jahre alt zu sein.

Der Anwärter muss zunächst für 12 Monate ein Praktikum absolvieren, ähnlich der früheren deutschen Tradition, einen Lehrprinz zu haben. In diesem Praktikum werden auf eigenen Kosten Jagdeinrichtungen gebaut, muss Kirrmaterial beschafft und ausgebracht werden sowie jegliche Art von Revierarbeit verrichtet. Erst nach diesem Jahr Praxis kann man sich mit einem medizinischen Attest und einem aktuellen Führungszeugnis ohne Einträge bei einem Theorie-Kurs anmelden.

Hat der Jagdscheinanwärter diesen nach etwa 6 Monaten aufmerksam verfolgt und sich anschließend etwa 4 Wochen mit der praktischen Schießausbildung und Waffenhandhabung auseinandergesetzt, wird auch in Polen eine dreiteilige Prüfung abgelegt. Es gibt einen Fragensatz von etwa 1.500 Fragen, von denen in der schriftlichen Prüfung ca. 100 abgefragt werden. Die mündliche Prüfung besteht aus 5 Fragen vornehmlich zu Sicherheit im Umgang mit Waffen. Die Schießprüfung besteht darin, 5 Schüsse auf 100 m abzugeben und das Ziel tötlich zu treffen.

Bild: Benjamin Basset

ÖSTERREICH: In Österreich ist es möglich, bereits als Minderjähriger jaglich aktiv zu sein. Hierfür muss ein psychologisches Attest erstellt und vorgelegt werden, die Erziehungsberechtigten müssen einwilligen, bis zur Volljährigkeit des Minderjährigen für eventuelle Straftaten einzustehen und es muss zudem ein deliktfreier Strafregisterauszug des Minderjährigen vorliegen. Bereits mit 16 ist es erlaubt, allein auf die Jagd zu gehen und an Gesellschaftsjagden teilzunehmen.

Bei männlichen österreichischen Staatsbürgern gibt es noch eine Besonderheit aufgrund der dort vorgeschriebenen Wehrpflicht. Sollte ein Wehrpflichtiger den Dienst an der Waffe verweigern, wird er automatisch für 5 Jahre gesperrt, einen Jagdschein machen zu dürfen.

Im Bezirk Hollabrunn/NÖ gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeiten, je nach Beteiligung, sich auf die Prüfung vorzubereiten. Die erste ist in einem Kurs im Herbst, der sich über 9 Samstage zieht und die zweite ist im Frühjahr in einem Crash-Kurs von 2 Wochen. Die Prüfung umfasst Themen wie Jagdgesetz, Wild- und Waffenkunde, Hunde und generelle Jagdthemen. Sie wird mündlich abgelegt. Die Schießprüfung hat bestanden, wer mit 5 Schüssen (3 sitzend aufgelegt, einer davon nicht gestochen, 2 stehend angestrichen) mindestens 24 Ringe erzielt und mit der Schrotwaffe von 5 Rollhasen und 5 Wurftauben insgesamt 3 Treffer erreicht.

Bild: Daniel Schwarz

TSCHECHIEN: Ähnlich wie in Polen ist es auch in Tschechien ein 12monatiges Praktikum vorgeschrieben. Um den Jagdschein zu erwerben, muss zuerst der Theoriekurs absolviert werden und dann ein 12monatiges Praktikum. Alle im Revier durchgeführten Arbeiten, Erklärungen, Tips und Tricks müssen detalliert in einem Berichtsheft dokumentiert werden und vom Revierinhaber unterschrieben. Das Berichtsheft ist dann zur Prüfung vorzulegen. Weitere Vorraussetzungen für die Prüfung sind das Erreichen den 18 Lebensjahres (Beginn der Ausbildung kann bereits ab 15 sein), eintragungsfreier Strafregisterauszug, Rechtstauglichkeit, Zuverlässigkeit und der Wohnsitz in Tschechien.

Die theoretische Ausbildung ist sehr vielfältig und breit gefächert (u. a. Jagdgeschichte, Ehtik, Kultur, Sprache, Tradition, Jagdrecht, Jagdmanagement, Wildzoologie und –biologie, Hege, Ökologie, Ethologie, Jagdkynologie, Schießkunde, Jagdarten, Wildbretverarbeitung).

Bei der Waffenhandhabung bzw. dem Erwerb von Waffen ist es in Tschechien zuerst nötig, einen weiteren extra Theoriekurst mit einer weiteren extra Prüfung für Feuerwaffen abzulegen, danach muss ein Feuerwaffenschein gelöst werden und erst mit diesem kann dann eine Waffe erworben werden.

FRANKREICH: Die Franzosen sind der Meinung, wer mit 16 einen Führerschein machen kann, der darf auch alleine jagen. Im Alter von 15 ist es bereits möglich, mit Einwilligung der Eltern sowie gemeinsam mit einem Jäger auf die Jagd zu gehen, ansonsten wie in den anderen Ländern auch, mit Volljährigkeit die Prüfung abzulegen. Als Vorraussetzung muss grundsätzlich ein medizinisches Attest vorgelegt werden. Der Waffenerwerb ist erst mit Volljährigkeit möglich.

Den Theoriekurs absolvieren die Jagdscheinanwärter in heimischem Umfeld. Es gibt Bücher, DVDs und anderes Material, mit dem gelernt wird, die Prüfung an sich erstreckt sich dann über 1-2 Tage. Im Anschluss wird die praktische Schießprüfung abgelegt und mit Bestehen und lösen den Jagdscheines darf man dann in ganz Frankreich Niederwild- Jagd betreiben. Wer die Gesamtheit der in Frankreich vorkommenden Wildtiere bejagen möchte, muss einen extra Beitrag an die Behörde zahlen.

DÄNEMARK: Auch in Dänemark ist es möglich, bereits mit 15 mit der Ausbildung zum Jäger zu beginnen und dann mit 16 Jahren und der Einwilligung der Eltern sowie einem eintragungsfreien Strafregisterauszug die Prüfung abzulegen. Jagen darf man dann in Begleitung eines Erwachsenen, ansonsten natürlich mit der Volljährigkeit allein. Die Prüfung in Dänemark ist ebenfalls dreiteilig und besteht aus einem praktischen und schriftlichen Teil sowie der Schießprüfung. Im schriftlichen Teil werden 40 Fragen gestellt, von denen 36 Fragen richtig beantwortet werden müssen. Die Fragen ergeben sich aus dem durchgenommenen Stoff des Theoriekurses. Als Praxisteil wird gern auf Waffenhandhabung und Sicherheit zurückgegriffen, ebenfalls muss die Entfernung von 5 von 6 dargestellten Wild-Silhoutten geschätzt werden. Für die Schießprüfung wird nur der Schrotschuss verlangt. Hier besteht, wer in 3 Durchgängen à 6 Wurftauben jeweils 2 Treffer landet (2 von rechts, 2 von links und 2 nach hinten weg). Wenn man auch mit der Büchse jagen möchte, wird eine extra Prüfung absolviert, in der man mit 5 von 6 Schüssen auf 100 m Entferung den Herz/Lungen-Bereich getroffen haben muss.

In Dänemark ist auch die Bogenjagd erlaubt. Hierfür ist es nötig zu dem normalen Jagdschein, einen weiterführenden praktischen und theoretischen Kurs zu absolvieren. Dieser dauert mindestens 2 Tage. Ebenfalls wird ein Schießtest verlangt. Für das Bestehen des Schießtestes muss der Jäger 5 von 6 Schüssen im Herz/Lungen-Bereich absetzen, wobei die Distanz zwischen 14 und 25 variiert. Um den Bogenjagdschein zu behalten, muss alle 5 Jahre der Schießtest erneut nachgewiesen werden.

SCHWEIZ: In der Schweiz ist so ziemlich alles anders als in anderen Ländern. Unterschiedliche Kantone haben hier unterschiedliche Anforderungen und nicht jeder Kanton akzeptiert die bestandene Prüfung des anderen, geschweige denn im Ausland abgelegte Prüfungen. Es ist möglich, die Prüfung mit vollendetem 16. Lebensjahr abzulegen, gejagt werden darf aber er mit 18 Jahren. Ein deliktfreies Strafregister ist Pflicht. Ein Waffenschrank ist in der Schweiz nicht Vorschrift. Es heißt lediglich, dass die Waffen “sorgfältig und vor Zugriff Dritter aufbewahrt werden müssen”. Eine weitere Besonderheit ist, dass der Jagdscheinanwärter bereits aktiv und allein jagen darf, sobald er die Schießprüfung bestanden hat und in Besitz der “Jungjägerkarte” ist. Einzige Bedingung, dass der Revierpächter ebenfalls im Revier anwesend sein muss.

Die erste zu überwindende Hürde für den Jagdschein z. B. im Kanton St. Gallen ist das Bestehen der Schießprüfung. Diese kann bereits mit der eigenen Waffe absolviert werden, denn sobald der Jagdscheinanwärter sich angemeldet hat, darf er sich je eine Büchse und eine Flinte sowie entsprechende Munition kaufen. Die Schießprüfung besteht aus einem Kugel- und einem Schrotprogramm.

Das Kugelprogramm hat bestanden wer 2 Schüsse auf eine Rehscheibe stehend angestrichen auf 100 m innerhalb von 120 Sekunden in einem vorgegebenen Trefferfeld erzielt, 2 Schüsse sitzend auf eine Rehscheibe auf 100 m innerhalb von 20 Sekunden ebenfalls in einem vorgegebenen Trefferfeld und weiterhin auf 160 m auf eine Gamsscheibe (Stellung frei wählbar) mit 2 Schüssen innerhalb von 60 Sekunden das Trefferfeld trifft.

Für das Schrotprogramm wird ein dreiteiliger Kipphase beschossen. Als Treffer gilt jeweils, wenn der mittlere Teil fällt oder der mittlere Teil mit Vorder- oder Hinterteil. Von 10 Schüssen müssen 7 Treffer vorgewiesen werden. Die Waffe darf erst nach Abrufen in Anschlag genommen werden. Erst wenn die Schießprüfung bestanden ist, kann die Theorieausbildung begonnen werden. Hat der Prüfling nicht bestanden, muss ein Jahr gewartet werden, bis man erneut zur Prüfung antreten kann.

Für die theoretische Prüfung muss der Jagdscheinanwärter an verschiedenen vom Kanton vorgegebenen Kursen teilnehmen und sich diese bestätigen lassen. Sie umfassen die Gebiete Jagdrecht und –politik sowie Öffentlichkeitsarbeit, Waffenkunde, Wildkunde, Jagd und Lebensräume sowie Hundewesen und Wildbrethygiene. In jedem dieser Fächer werden zur Prüfüng je 15 Fragen gestellt, die teilweise auch praktisch vorzuführen sind (Pflanzen-erkennung, Organkunde, Waffenhandhabung und Sicherheit). Hat man bei der Theorieprüfung ein oder zwei Fächer nur ungenügend absolviert, ist es möglich, diese in Jahr später nochmals anzulegen. Sind mehr als zwei Prüfungsteile nicht bestanden, gilt die gesamte Prüfung als nicht bestanden und muss dann in der Gesamtheit im nächsten Jahr wiederholt werden.

Abschließend vermag ich nicht zu sagen, welche der hier aufgeführten Ausbildungs-methoden für mich am besten zu beurteilen wäre, müsste ich denn eine Rangliste erstellen.

Die tschechische und polnische Ausbildungsart gefällt mir, da hier viel Wert auf das Erlernen von praktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten gelegt wird.

Lernt man wie in Frankreich oder in Deutschland bei einem Crahs-Kurs nur im heimischen Kämmerchen und schaut Ausbildungs-DVD’s, fehlt in meinen Augen der jagdliche Anschluss und der Austausch mit Gleichgesinnten, der immer auch einen Lernerfolg hat.

Dass mit dem Bestehen der Schießprüfung bereits die Möglichkeit zum Erlegen eines Tieres besteht, wie in der Schweiz, halte ich einerseits für einen guten Ansatz, um praktische Erfahrungen gemeinsam mit dem im Revier anwesenden Jagdpächter zu sammeln, jedoch auch für ethisch bedenklich, da der Jagdscheinanwärter keinerlei Kenntnisse über die Wildtiere an sich hat (ausser natürlich mit jagdlicher Vorbildung).

Die Anforderung wie in Dänemark vorgeschrieben, das alle 5 Jahre die Schießprüfung zu wiederholen sei, möchte man erneut einen Jagdschein lösen, empfinde ich als gute Lösung, gerne auch als jährliche Variante. Als Teilnehmerin/Hundeführerin auf allerlei Drückjagden scheint mir das Treffen von beweglichen Zielen für den ein oder anderen Jäger sehr schwer. Eigene Fehler einzugestehen fällt bekanntlich schwer und um dem Erzählen von Unwahrheiten eventuell vorzubeugen ist es sicherlich eine gute Möglichkeit, einen Schießnachweis als Pflicht für Gesellschaftsjagden einzuführen.

Grundsätzlich ist eine fundierte Ausbildung praktisch, theoretisch und im Schießen unerlässlich. Je mehr Praxis umso besser in meinen Augen. Dies ist in der heutigen Zeit sicher aufgrund der Arbeitssituation einiger nicht mehr so möglich und so haben viele Jagdschulen mit kurzen Kursen gewiss ihre Berechtigung. Und nur wer sich in der Natur bewegt kann überhaupt Erfahrungen sammeln. Dennoch möchte ich meine 7monatige Ausbildung nicht missen. Dort wurde an 2 Abenden in der Woche Theorie vermittelt, jeden Samstag auf dem Schießstand geübt und jeden Sonntag ein unterschiedlichen Revieren Praxiseindrücke gesammelt. Der Zusammenhalt innerhalb diese Kurses besteht auch nach 10 Jahren weiter fort und mit jeden Tag, den ich jagen darf, empfinde ich es mehr und mehr als großes Privileg, dieses Hobby ausüben zu dürfen.


Laden...