Diabetes und Jagdausübung

Finja ist Jungjägerin und verbringt ihre Freizeit gerne im Wald. Leider leidet sie an Diabetes mellitus Typ 1. Während des Jungjägerlehrgangs war sie daher auch infolge einer Unterzuckerung mehrmals in Anwesenheit anderer Lehrgangsteilnehmer und Ausbilder zusammengebrochen, weshalb der Notarzt gerufen werden musste. Finja legte zunächst die Jägerprüfung erfolgreich ab. Ihr damaliger Lebensgefährte und Lehrprinz Jan hegte jedoch im weiteren Bedenken gegen eine körperliche Eignung von Finja und meldete dies der zuständigen Unteren Behörde. Diese erklärte nach entsprechender Anhörung und amtsärztlicher Untersuchung den Jagdschein gemäß § 18 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz1 Nr. 2 BJagdG wegen nachträglich bekannt gewordener fehlender körperlicher Eignung für ungültig und zog ihn ein. Die Waffenbesitzkarte wurde widerrufen. Finja fand nicht nur das Vorgehen ihres früheren Lebensgefährten Jan unmöglich, sondern auch das Vorgehen der Behörde; schließlich befinde sie sich in ärztlicher Behandlung und werde regelmäßig kontrolliert. Finja wählte sodann den Gang durch die Instanzen.

Das angerufene Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, entschied sodann am 22.02.2018, Az. 11 S 93.17: Die Entziehung des Jagscheines gemäß § 18 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz1 Nr. 2 BJagdG aufgrund nachträglich bekannt gewordener fehlender körperlicher Eignung sei rechtmäßig erfolgt. Das Oberverwaltungsgericht stellt dabei zwar klar,

„(…) eine derartige Erkrankung nicht für sich schon zur Annahme fehlender körperlicher Eignung zur Jagd (…)“ führe.

Es betonte jedoch dahingehend, „(…) Anders sei dies jedoch u.a. dann, wenn trotz einer an sich ausreichenden Diabetes-Behandlung eine Gefährdung von Jagdteilnehmern deshalb nicht ausgeschlossen werden könne, weil nicht sicher und sofort beherrschbare Unterzuckerungserscheinungen auftreten bzw. auftreten können. Bei einer Unterzuckung komme es zu Nervosität, Schwitzen, erhöhtem Herzschlag, Zittern der Hände, Bluthochdruck bis hin zu Krampfanfällen, Lähmungen, Sprachstörungen und Schläfrigkeit. (…)“

Weil es während der Teilnahme von Finja am Lehrgang mehrmals zu einer sog. „Zuckerschock-Unterzuckerung“ gekommen sei, ein Notarzt geholt werden musste und sie in diesem Zustand auch nicht ansprechbar gewesen sei, gelangt auch die amtsärztliche Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Finja die erforderliche körperliche Eignung zur Jagdausübung fehle. Das Oberverwaltungsgericht stellt ferner im Wege der vorzunehmenden Abwägung öffentlicher Interessen und dem persönlichen Interesse von Finja klar,

„(…) Im Falle begründeter Zweifel an der Geeignetheit müsse den drohenden Gefahren unverzüglich vorgebeugt werden. Gerade die dargestellten Umstände einer Unterzuckerung, die die Zuziehung eines Notarztes erfordert hätten, zeigten eine potentielle Gefährdung für Leib, Leben, Gesundheit und Sachwerte anderer Personen. Denkbar sei neben einer Gefährdung anderer Jagdteilnehmer auch eine Eigengefährdung der Antragstellerin oder ein möglicher Fremdzugriff auf die Jagdwaffe im Falle der Beeinträchtigung ihrer Steuerungsfähigkeit. Demgegenüber müsse ihr Interesse zurücktreten. (…)“ Im Rahmen der weiteren Abwägung habe das Oberverwaltungsgericht zudem mit einbezogen, dass es sich bei der Jagdausübung allein um eine Freizeitgestaltung von Finja gehandelt habe und nicht um eine Berufsjägerin. Abschließend stellte das Oberverwaltungsgericht klar, dass auch die Erteilung einer Auflage – die Jagd nur in Begleitung eines Jagdausübungsberechtigen betreiben zu dürfe - als milderes Mittel nicht genügt hätte, um die für die Öffentlichkeit bestehenden Gefahren hinreichend auszuschließen.

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