Wildschweingatter - wofür und wozu?
Hunde

Wildschweingatter - wofür und wozu?

Text & Bilder Martin Balke, Deutscher Jagdblog

Martin Balke vom Team Deutscher Jagdblog ist als Förster in Thüringen tätig und zudem ein erfahrenerer Jagdhundeführer. Durch die Jahrelange Arbeit zusammen mit Jagdhunden konnte er viele Techniken für die Ausbildung von Jagdhunden erlernen. Im folgenden Artikel möchte er gerne sein Wissen an die Leser von WIR JAGEN weitergeben.

Die Jagdsaison schreitet voran und mancher Besitzer eines jungen Jagdhundes hat viele Termine auf dem Plan. Die Jugendprüfung oder Zuchtprüfung steht vor der Tür. Dazu gehören viele Tage Vorbereitungsarbeit mit dem Hund. Entweder individuell oder in einer Gruppe lernen unsere Hunde u.a. ihre Nase auf der Hasenspur zur beweisen und auch den vom Jäger abgegebenen Schüssen gegenüber gleichgültig zu sein. Neben all diesen Ausbildungen beginnt für manchen auch die Arbeit am Schwarzwild. Wer bisher kaum Gelegenheit hatte den Hund an Sauen heranzuführen hat die Möglichkeit dies in einem anerkannten Schwarzwildgatter zu tun. Unter kontrollierten Bedingungen werden die Welpen und Junghunde an das wehrhafte Wild herangeführt. Der gesamte Gatteraufbau und -betrieb sollte sich dabei an die von der Kompetenzgruppe für Schwarzwildgatter, unter Leitung von Herrn Prof.Dr. Wunderlich, erarbeiteten Richtlinien anlehnen.

Zweck und Ablauf der Ausbildung

Die am häufigsten gestellte Frage „Wofür soll das denn gut sein?“ wollen wir zuerst beantworten. Grundsätzlich wollen wir unseren Hunden die Möglichkeit geben, das Schwarzwild als respektablen Gegner kennenzulernen, ohne dabei gleich negative Verknüpfungen oder Verletzungen davon zu tragen. Selbst ein von seiner Abstammung her gut veranlagter Saujäger kann mit einem schlechten Erlebnis für immer und ewig verdorben werden. Schauen wir uns nun den Verlauf der Ausbildung an. Die Sauen befinden sich in einem Trainingsgatter. Zunächst gibt man dem jungen Hund die Möglichkeit die Sauen durch einen sicheren Zaun zu „beschnuppern“. Ohne Leine wird der Hund vor dem sicheren Zaun laufen gelassen. (Schritt 1)

Hier zeigen sich sofort verschiedenste Charaktere. Bei manchen meint man, sie haben sehnsüchtig darauf gewartet einem Wildschwein mal gehörig die Meinung zu bellen. Manch einer ignoriert die Schweine bewusst. Beim Bellen gilt es zwischen einem beuteorientierten und einem angstbeeinflussten Bellen zu unterscheiden. Beobachten Sie ihren Hund! Verhält er sich sicher oder unsicher? Ist er gar vollkommen mit der Situation überfordert?

Wie auch immer, nehmen Sie sich Zeit!

Der Hund saß meist vorher im Auto. Einmal im Gatter muss er sich zuerst orientieren. Geben Sie dem Hund die Möglichkeit sich umzuschauen. Der Hund weiß ja nicht, dass es hier um die Schwarzwildjagd geht. Wenn sie seine Aufmerksamkeit haben, lenken Sie sein Interesse auf die Sau hinter dem Zaun. Die Gattermeister werden Sie dabei unterstützen. Wenn der Funken entfacht ist und der Hund bei dieser Gelegenheit schon die Sau als Beute annimmt, diese stetig und heftig verbellt, vergrößern Sie den Abstand zum Hund. (Schritt 2) Macht er auch dies vollkommen unbeeindruckt, bietet es sich an den Hund mehrmals abzurufen und wieder zu schicken. Nimmt er die Sau hinter dem Zaun immer wieder an, vergrößern Sie die Distanz zum Hund immer weiter. (Schritt 3)

Mögliche Fehlerursachen und deren Lösungen

Ein nicht seltener Fall ist der, dass der Hund überhaupt nichts dergleichen tut. Wie vorhin gesagt: „Nehmen Sie sich Zeit!“. Der Hund ist weder blöd, noch ein Weichei. Für sein Verhalten können folgende Gründe eine Rolle spielen:

  • Der Hund wurde ungenügend auf diese Ausbildung vorbereitet.
  • Der Hund hat auf Grund seines Alters noch nicht genügend Koordinationsfähigkeiten.
  • Der Hund hat noch nicht die nötige charakterliche Reife.
  • Der Hund gehört einer Rasse oder Zuchtlinie an, die niemals für die Jagd auf Schwarzwild gezüchtet wurde.
  • usw.

Unterstützen Sie den Hund in jedem Fall. Rüden Sie ihn motivierend an. Machen Sie ihm begreiflich, dass Sie die Beute haben wollen! Machen Sie den Hund stark! Beenden Sie diese Übung mit einem positiven Erlebnis! Kleine Hunde kann man zum Beispiel auf dem Arm mit Sicht auf das Schwarzwild abtragen.

Wildschweingatter - wofür und wozu?

Wildschweingatter - wofür und wozu?

Sollte all das nicht helfen, bewahren Sie Ruhe. Der alte Spruch bei den Prüfungen: „Sie fahren mit dem Hund nach Hause, mit dem Sie heute Morgen her gekommen sind!“, hat auch hier seine Gültigkeit. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Erst Recht bei einer gesundheits- und lebensbedrohlichen Aufgabe für einen Jagdhund wie die Schwarzwildjagd. Wir Menschen gehen mit einer unverständlichen Selbstverständlichkeit an dieses Thema heran. Welcher Wolf sucht sich eine 70kg Sau zum Fressen aus? Wer fordert einen professionellen Boxer zur Kneipenschlägerei auf? Wohl niemand, der unabhängig von der Uhrzeit, bei Verstand ist.

Von unseren Hunden verlangen wir eine außerordentliche Aufgabe ihres Selbsterhaltungstriebes. Bauen Sie dieses Training methodisch auf! Geben Sie Ihrem Hund die Chance unverletzt und am Leben zu bleiben! Ihr Tierarzt wird deswegen nicht arbeitslos. Lassen Sie genügend Zeit bis zur nächsten Trainingseinheit. Eine Woche sollte mindestens dazwischen liegen.

Die Gatter stellen eine gute und unersetzliche Alternative zur Ausbildung unserer Jagdgefährten gegenüber dem sofortigen realen Einsatz in unseren Revieren dar. Im Folgenden möchten wir das Heranführen des jungen Hundes an die Sauen ohne den schützenden Zaun erläutern.

Wie geht’s ohne Zaun?

Grundsätzlich verwenden wir eine normale Halsung und eine ca. drei bis sechs Meter lange Führer- oder Feldleine, um mit dem Hund unter kontrollierten Bedingungen an den Sauen zu lernen. Häufig kommt die Frage auf, ob der Hund eine Weste tragen soll. In unserem Gatter überlassen wir das selbstverständlich dem jeweiligen Hundeführer. Sinnvoll ist es, wenn der Hund im Jagdbetrieb tatsächlich eine Schutzweste tragen soll, diese auch beim Üben anzuziehen.

Für den ersten Ausbildungsschritt stehen die Gattermeister wie zu Anfang mit Rat und Tat zur Seite und begleiten den Hundeführer im Schulterschluss. Denn nicht nur der Hund lernt etwas, sondern auch der Mensch. Über die Technik in Kombination mit den Anlagen des Hundes und dem erlernten methodischen Wissen des Hundeführers kommen wir bei dieser Art der Ausbildung unserer Jagdhunde zum Erfolg. Der ein oder andere Hundeführer ist ziemlich aufgeregt und unsicher, wenn er das erste Mal auf Steinwurfentfernung vor einer Gattersau oder der Rotte steht.

Hier wird manchem erst einmal bewusst, auf was für einen „Gegner“ wir unsere Hunde schicken. Bleiben Sie ruhig, vertrauen Sie dem Gatterpersonal und wirken Sie auf Ihren Hund mutig und selbstsicher. Nur wenn Sie die Beute haben wollen, wird ihr Hund begreifen, worum es geht.

Im Gatter kann ihnen und ihrem Hund normalerweise nichts passieren. Die ersten Schritte in dieser Ausbildung können Sie unter natürlichen Bedingungen im Revier nicht üben. Nutzen Sie also die Chance und arbeiten sie als Team mit ihrem Hund.

Rein ins Gatter

Im Schritt eins wird der Hund an der langen Leine an die Sauen heran geführt. Gehen Sie langsam auf die Sauen zu. Der Hund sollte vor Ihnen arbeiten! Ziel ist es, dass der Hund straff im Riemen liegt und die Sauen laut stellt. Tut er das, dann können Sie davon ausgehen, dass der Beutetrieb fest sitzt. Vermeiden Sie in diesem ersten Stadium auf den Hund mit Gehorsam einzuwirken. Lassen Sie der Wildschärfe am Riemen freien Lauf. Stellt sich der Hund als übertrieben selbstbewusst oder auch selbstgefährdend dar, dann gehen Sie im Laufe dieses Ausbildungsschrittes zusammen mit dem Gattermeister in eine provozierte, kontrollierte Kollision des Hundes mit dem Schwarzwild über.

Nähern Sie sich den Sauen erneut aus größerer Entfernung und geben dem Hund kurz vor Erreichen der Sauen spontan viel Riemen, damit er ohne Ihre unmittelbare körperliche Anwesenheit die Sauen selbständig annimmt. Hier geht es darum, bewusst die Schärfe des Hundes an den Sauen in gesunde Bahnen zu lenken. Die Sau wird sich in der Regel mit Scheinangriffen und kurzen Stößen wehren. Dabei soll der Hund lernen, dass Schwarzwild nicht pauschal flüchtet, sondern wehrhaft ist. Sollte es durch den Charakter des Hundes dazu kommen, dass dieser sofort Packversuche macht, dann holen Sie ihn mit kräftigem Zug am Riemen aus dieser Situation heraus. Genauso brechen sie Attacken der Sauen ab, falls der Hund denen nicht schnell genug ausweichen kann. Daher immer erst die Riemenarbeit! Der Gattermeister wird eine andere Sau zum Üben ins Gatter stellen, oder aber die Situation mit der gleichen Sau erneut erzwingen, um dem Hund beizubringen, dass sein Rückwärtsgang die Garantie für ein gesundes Hundeleben ist. Sie, als Hundeführer werden spätestens in dieser Situation erkennen, dass die Methodik fruchtbar ist. Die Masse der Hunde, wird durch diesen Ausbildungsschritt bereits daran gewöhnt, in Abhängigkeit von Alter, Konstitution und physischer Leistungsfähigkeit, einen sicheren Abstand ,mit gleichzeitigem lauten Stellen, zu den Sauen zu behalten. Selbstgefährdende Hunde, denen das Packen nicht abgewöhnt werden kann, dürfen im Gatter auf keinen Fall geschnallt werden. Hier stehen die Gesundheit der Gattersauen und des Hundes an oberster Stelle. Diese Sorte Jagdhund ist allerdings nicht die Regel. Wie sehen die Normalfälle aus?

  • der Hund wird sich den Sauen vorsichtig nähern,
  • der Hund wird vorstehen,
  • der Hund wird zurück weichen,
  • der Hund wird Ihnen nicht von der Seite weichen,
  • der Hund ignoriert die Sauen,
  • oder der Hund wird mit geklemmter Rute versuchen der Situation aus dem Weg zu gehen und das Weite bis zum Ende der Führerleine suchen.

Was auch immer passiert – Sie haben Zeit und das Gatterpersonal steht unterstützend zur Seite. Bleiben Sie ruhig. Strahlen Sie Sicherheit aus. Der Hund orientiert sich an Ihnen. Arbeiten Sie am Anfang immer mit der Leine. Niemand kann in den gedeckten Bereichen der Gatter sehen, was beim Zusammentreffen Hund und Sau tatsächlich passiert, wenn der Hund sofort geschnallt wird. Nehmen Sie sich die paar Minuten Zeit im Leben ihres Hundes und bringen Sie ihn am Riemen kontrolliert an die Sauen.

Für Hunde, bei denen der Funken nicht sofort überspringt, werden die Sauen durch den Gattermeister in Bewegung gesetzt. Spätestens hier zeigen die meisten Hunde einen geweckten Beutetrieb und möchten die Sauen verfolgen. Seien Sie dabei aber vorsichtig! Eine schnelle Drehung der Sau verbunden mit einer Scheinattacke hat so manchen Hund in die Flucht geschlagen. Festigen Sie den Laut und den Beutewillen, ohne sofort in Laufschritt überzugehen. Beobachten sie auch die Körpersprache des Hundes. Ist er sehr selbstbewusst? Bellt er vielleicht aus Angst? Schüttelt er andauernd den Kopf? Bildet sich Schaum vorm Fang? Oder hat er die Situation im Griff? Berücksichtigen sie dabei auch unbedingt das Alter und den Ausbildungsstand ihres Jagdhelfers. Ein gut veranlagter Welpe von 7-12 Monaten wird die Sauen gehörig verbellen, wird aber häufig die Situation nicht als Jagdgelegenheit einordnen. Wenn der Hund wie oben schon erwähnt straff im Riemen hängt und die Sauen laut und mutig stellt, dann haben Sie ihr Ziel für diesen Ausbildungsschritt erreicht. Nutzen Sie dann auch wieder die Gelegenheit den Hund vom Wild abzurufen. In einem weiteren Artikel erklären wir ihnen, wann und wie ihr Hund die Sauen laut verfolgen darf, um ihn seiner Aufgabe als Saujäger näher zu bringen. Alle Artikel können Sie selbstverständlich auch auf unserer Seite www.deutscher-jagdblog.de nachlesen. Das Team Deutscher Jagdblog wünscht Ihnen viel Spaß bei der Ausbildung Ihres Hundes und Waidmannsheil!


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